Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen versammelt sich vergangene Woche eine Trauergemeinde in der Sha’ar-Hashamayim-Synagoge mitten in Kairo, um Carmen Weinstein, der Vorsitzenden der kleinen jüdischen Gemeinde Ägyptens, die letzte Ehre zu erweisen. Auch Gäste aus dem Ausland sind gekommen, unter ihnen amerikanische und israelische Diplomaten. Man trifft sich in einem Nebenraum der Synagoge; der Hauptraum bleibt auch an diesem Tag staubig und verlassen.
Müll Nach einigen Minuten der Andacht wird der Sarg zum jüdischen Friedhof im Stadtteil Bassatin gefahren. Jahrelang hatte sich Weinstein um die Rettung des Gräberfelds bemüht. Als die Wagenkolonne zum Friedhof einbiegt, wird ein Bild der Zerstörung sichtbar: herumliegende Steine, dazwischen Müll. Eine Reihe neuer Häuser ist so nah an den Friedhof herangerückt, dass Anwohner einzelne Grabsteine als Sitzplätze nutzen.
Die Trauergemeinde versammelt sich an einem offenen Grab, die Zeremonie findet in Eile statt. Neugierige Anwohner sitzen auf den Friedhofsmauern, nur mühsam werden sie von ein paar Polizisten ferngehalten. Die Trauernden legen Blumen auf das schlichte Sandgrab, zuletzt werden ein weißer Stein und ein Gesteck darauf platziert. Dann entfernt sich die Gemeinde wieder, Diplomaten steigen in gepanzerte Fahrzeuge, die Polizei zieht ihre Leute ab.
Keine zehn Minuten später strömen neugierige Anwohner heran und schleichen um das frische Grab. Frauen und Kinder ziehen Blumen heraus und schleifen das Gesteck zu ihrer Wohnung. Aus der Ferne dröhnt der Motor eines Baggers. Er schiebt riesige Steinbrocken vor den Eingang des Friedhofs und versiegelt ihn nun wieder. Ob es auch in Zukunft gelingt, die Gräber vor dem herannahenden Wohngebiet zu schützen, bleibt fraglich.