Rumänien

Gottesdienst für einen Massenmörder

Rumäniens Diktator Ion Antonescu (l.) bei einem Treffen mit Hermann Göring 1941 in Wien Foto: imago images / Photo12

In der orthodoxen Kirche der Heiligen Paraskeva im ostrumänischen Kreis Vaslui feierten kürzlich drei Priester eine Messe zu Ehren des einstigen Diktators Ion Antonescu (1882–1946). Anlass war der 74. Jahrestag seiner Hinrichtung.

Als Hitlers rumänischer Verbündeter hat Antonescu den Tod einer Viertelmillion Juden zu verantworten. Doch diese Tatsache störte weder die drei Priester noch die geladenen Militärangehörigen, Historiker oder Gläubigen. Sie feierten Antonescu, den Stifter der Kirche, als sei er eine der größten und gerechtesten Persönlichkeiten der rumänischen Geschichte gewesen – und das Lokalfernsehen übertrug das Ganze.

Antisemitismus Weil dieser Gottesdienst gegen geltendes rumänisches Recht verstieß, erstattete der Sonderbeauftragte der Regierung für die Bekämpfung von Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit, Alexandru Muraru, Anzeige gegen die drei Geistlichen. Die Staatsanwaltschaft des Bezirks Vaslui leitete eine Ermittlung wegen des Verdachts auf Ehrung einer Person ein, die sich des Verbrechens gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht hat, sowie wegen öffentlicher Verbreitung faschistischer und rassistischer Ideologien.

Die Haltung des Staates gegenüber judenfeindlichen und rechtsradikalen Aktivitäten ist kontrovers.

Die Haltung des Staates gegenüber antisemitischen und rechtsradikalen Aktivitäten ist kontrovers. Einerseits werden Juden unterstützt und geschützt: So hat im Mai die Bukarester Regierung eine nationale Strategie zur Prävention und Bekämpfung von Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Radikalisierung und Hassreden verabschiedet. Und das Parlament ein Gesetz gebilligt, das die Entschädigung von Schoa-Überlebenden auch auf ihre Nachfahren in der ersten Generation ausweitet. Doch andererseits werden antisemitische Täter kaum zur Rechenschaft gezogen.

anfeindungen »Ich mache mir also keine Illusion – auch diesen Fall wird man unter den Teppich kehren«, sagt József Schwartz, der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Cluj (Klausenburg). »Übergriffe oder verbale Anfeindungen auf der Straße, wie es sie in Deutschland gibt, sind in Rumänien äußerst selten, doch eine latente, an den Nationalismus geknüpfte Judenfeindlichkeit ist hierzulande allgegenwärtig.«

Die orthodoxe Kirche rechtfertigte die Gedenkfeier und argumentiert, es habe sich um eine rein private Veranstaltung gehandelt.

Das rumänisch-nationale Webportal »Vremea Noua« erinnert in einem Beitrag daran, dass es laut der orthodoxen Liturgie üblich ist, den Stifter einer Kirche während der Messen zu erwähnen. Der Autor blendet aus, dass der Gottesdienst eigens dem Diktator gewidmet war, und kritisiert den Antisemitismusbeauftragten der Regierung: »Murarus Angewohnheit, jeden Versuch zu unterdrücken, der Helden dieser Nation zu gedenken, ist nicht neu. Sie ist Teil jenes neomarxistischen Gedankengutes, das unserem Land aufgezwungen werden soll, um zukünftigen Generationen ihre Vorbilder vorzuenthalten.«

USA

Wer Jude ist, bestimmt nun er

Donald Trump wird immer mehr wie der berühmt-berüchtigte Wiener Bürgermeister Karl Lueger

von Michael Thaidigsmann  13.03.2025

Irak

Bericht: Israelisch-russische Geisel Elizabeth Tsurkov möglicherweise im Iran

Nachdem die USA im Fall der entführten Elizabeth Tsurkov den Druck auf den Irak erhöhen, heißt es, die Geisel wurde in den Iran verschleppt

 12.03.2025

Belgien

Fantasien über Mord an Juden fallen unter die Meinungsfreiheit

Entsetzen in der jüdischen Gemeinschaft: Ein Kolumnist wurde vom Vorwurf der Aufstachelung zur Gewalt gegen Juden freigesprochen

von Michael Thaidigsmann  12.03.2025

Österreich

Zwei Wochen lang »Shalom Oida«

Das Jüdische Filmfestival in Wien präsentiert die Realität jüdischen Lebens – von Antisemitismus bis Schidduch

von Stefan Schocher  11.03.2025

Frankreich

»Mach hier nicht auf Jude«

Eine Umfrage unter 2000 Jugendlichen zeigt, wie sich antisemitische Vorurteile auch an französischen Schulen ausbreiten

von Michael Thaidigsmann  10.03.2025

Porträt

Der Iberzetser

Dass Russen heute noch Einblick in die jiddische Literatur erhalten, ist vor allem Walerij Dymschiz zu verdanken. Ein Treffen mit dem Sprachmittler in seiner Stammkneipe in St. Petersburg

von Polina Kantor  09.03.2025

Großbritannien

Auf der Couch bei Ms. Freud

Sie ist die Urenkelin des prominentesten Psychologen der Welt. In ihrem Video-Podcast »Fashion Neurosis« stellt Bella Freud die Fragen

von Nicole Dreyfus  08.03.2025

Dokumentation

»Mein Name ist Gal. Und ich bin Jüdin«

Die israelische Schauspielerin Gal Gadot erhielt den International Leadership Award der ADL. Ihre Dankesrede fällt kämpferisch aus

 07.03.2025

Madrid

Polizei fahndet nach Mann mit »Neonazi-Ästhetik«

Im Fall des vereitelten Brandanschlags auf die Pizzeria Rimmon Kosher in Madrid wurde bislang noch kein Verdächtiger verhaftet

 07.03.2025