Tschechien

Gedenken in Terezín

Joachim Gauck: »Wir sind hergekommen, um der Toten zu gedenken und die Toten zu besuchen«. Foto: dpa

Mit einer Feierstunde im früheren KZ Theresienstadt hat Bundespräsident Joachim Gauck am Dienstagnachmittag der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Ins heutige Terezín reiste er gemeinsam mit seinem tschechischen Amtskollegen Milos Zeman.

Zwei Schoa-Überlebende begleiteten sie über das Gelände des einstigen Konzentrationslagers und des benachbarten Ghettos. »Dass sie, die nicht mehr leben sollten, nun hier sind, um mich zu begrüßen und mich und auch unser Land freundschaftlich zu umarmen – das ist wunderbar«, sagte Gauck im Anschluss.

Versöhnung Die Pragreise war der erste Staatsbesuch eines deutschen Präsidenten in Tschechien. Gauck stellte ihn ins Zeichen der Versöhnung. »Manchmal erscheint es wie ein Wunder, dass wir unter der Last der Erinnerungen nicht schon längst erstickt sind. Manchmal erscheint es wie ein Wunder, dass es möglich war, uns überhaupt wieder in die Augen zu schauen, überhaupt wieder miteinander zu sprechen«, sagte Gauck bei einer Rede vor Studenten der Prager Karls-Universität. Das jahrhundertelange Zusammenleben von Deutschen, Tschechen und Juden in Prag bezeichnete er zugleich als ein Modell für das Europa von heute.

Den wichtigsten Programmpunkt seiner Reise bildete der Besuch in Theresienstadt. Dort knüpfte Gauck an seinen Antrittsbesuch in Prag vor zwei Jahren an, als er in Lidice einen Kranz niederlegte. Der Ort Lidice wurde von den Nationalsozialisten als Rache für das Attentat auf den Prager »Reichsprotektor« Reinhard Heydrich dem Erdboden gleichgemacht, die Einwohner wurden ermordet. Lidice ist gemeinsam mit Theresienstadt für die Tschechen bis heute ein Sinnbild für die Gräuel der nationalsozialistischen Besatzung.

Theresienstadt wurde noch zu Zeiten der Habsburger Monarchie als Festungsstadt gebaut. Die Nazis wandelten die Kasernenstadt innerhalb der starken Mauern in ein Ghetto um, das als Sammellager für die Juden aus Böhmen und Mähren diente, die von hier aus in die Vernichtungslager weitertransportiert worden sind. Insgesamt waren etwa 140.000 Gefangene in Theresienstadt interniert. In einem Teil der Festung entstand ein KZ, in dem mehr als 35.000 Menschen ermordet wurden.

Dass er gemeinsam mit seinem tschechischen Kollegen Milos Zeman nach Theresienstadt fahre, sagte Gauck, freue ihn besonders. »Ich halte das nicht für selbstverständlich, sondern ich sehe das als einen Beleg dafür, dass wir nach den dunklen Zeiten Brücken der Verständigung errichtet haben, die verlässlich sind.«

Kinder In der Gedenkstätte wurde Gauck von Kindern begrüßt, die heute in Theresienstadt leben. »Wir sind hergekommen, um der Toten zu gedenken und die Toten zu besuchen«, äußerte der sichtlich gerührte Gauck: »Und zum Schluss ist uns das Leben begegnet in Gestalt der Kinder von Terezín.«

Die tschechische Presse reagierte ausnehmend positiv auf Gaucks Reise und seine versöhnenden Gesten. »Er ist der entgegenkommendste deutsche Spitzenpolitiker seit dem Fall des Kommunismus«, schrieb etwa einer der renommiertesten Prager Kommentatoren.

Nachruf

Er bleibt eine Inspiration für uns alle

Der langjährige Zürcher Gemeinderabbiner Marcel Ebel ist verstorben. Eine Würdigung von seinem Nachfolger

von Rabbiner Noam Hertig  10.07.2025

Spanien

»Haut ab, ihr Hurensöhne« - Wirt vertreibt Israelis

Auf einem selbst gefilmten Video rastet ein Mann gegenüber einer Gruppe israelischer Touristen aus und beschimpft sie übel

von Michael Thaidigsmann  10.07.2025

Australien

Judenhass in Down Under

Mit unerwarteter Brutalität und Hemmungslosigkeit breitet sich der Antisemitismus im Land aus. Doch die jüdische Gemeinschaft gibt nicht auf

von Amie Liebowitz  10.07.2025

Großbritannien

BeTe’avon!

Das Jewish Museum London bittet britische Juden um Rezepte fürs Schabbatessen. Auf der Suche nach dem, was schmeckt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.07.2025

USA

Die US-Regierung, Trump und der Fall Jeffrey Epstein

Trump wollte die Akten zum Sexualstraftäter Epstein veröffentlichen, seine Mitarbeiter verbreiteten Verschwörungstheorien. Nun wollen sie davon nichts mehr wissen - das macht einige Trump-Fans wütend

von Benno Schwinghammer  09.07.2025

Spanien

Mallorca hat einen neuen Rabbiner

Rund 1000 Juden leben auf der bei deutschen Touristen beliebten Baleareninsel

 09.07.2025

Österreich

»Geschichte wurde schon immer politisiert«

Die US-Historikerin Sarah Abrevaya Stein über Gier, Künstliche Intelligenz und den Baron-Wissenschaftspreis

von Stefan Schocher  09.07.2025

Iran

Esthers Kinder

Wie die älteste Diaspora-Gemeinschaft 2700 Jahre überlebte – und heute erneut um ihre Existenz kämpft

von Stephen Tree  09.07.2025

Antizionismus

Blumen für iranischen Minister - Israel verbietet Rabbi Einreise

Yisroel Dovid Weiss ist das wohl bekannteste Gesicht von Neturei Karta, einer israelfeindlichen Organisation Ultraorthodoxer

 08.07.2025