Wer die erste Wahlkampfkundgebung des rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten Éric Zemmour miterlebte, muss sich Sorgen machen um das politische Klima in Frankreich. Anhänger des 63-Jährigen, darunter Neonazi-Gruppen, veranstalteten eine brutale Menschenjagd auf einige Anti-Rassismus-Aktivisten, die sich unter die rund 10.000 Teilnehmenden gemischt hatten.
Es ist der Hass auf Andersdenkende, der den zweifach wegen Volksverhetzung verurteilten Zemmour prägt. Der frühere Fernsehkommentator vertritt eine nationalistische Rhetorik, wie sie das Land seit den Zeiten des rechtsradikalen Jean-Marie Le Pen nicht mehr erlebt hat.
Der frühere Fernsehkommentator vertritt eine nationalistische Rhetorik, wie sie das Land seit den Zeiten des rechtsradikalen Jean-Marie Le Pen nicht mehr erlebt hat.
Noch stärker als Le Pen hetzt Zemmour gegen die rund fünf Millionen muslimischen Franzosen, denen er Vornamen wie Mohammed verbieten will. Radikalität ist sein Mittel, um die Präsidentschaftswahl in diesem Jahr zu gewinnen. In Umfragen liegt er mit dieser Strategie bei rund zwölf Prozent – und damit hinter Le Pens Tochter Marine, die im Vergleich zu ihm eher moderat erscheint. Die Stichwahl würde Zemmour verpassen, doch die Gesellschaft hätte er mit seinen Hassreden gespalten.
einwanderung Zemmour, Sohn jüdischer Algerien-Franzosen, will vor allem das katholische Frankreich wiederauferstehen lassen, das er durch die Einwanderung bedroht sieht. Der Autor nennt seine Partei »Reconquête« (Wiedereroberung) in Anspielung an die spanische »Reconquista«, die Muslime und Juden aus dem Land vertrieb. Offen nutzt er die antisemitische Rhetorik der 30er-Jahre.
Gleichzeitig relativiert er die Mitschuld der mit der NS-Besatzung kollaborierenden Vichy-Regierung an der Deportation von Juden im Zweiten Weltkrieg. Im Fall seiner Wahl will er die Gesetze zur Bestrafung von Rassismus und Antisemitismus abschaffen.
Keine jüdische Stimme dürfe an Zemmour gehen, warnt deshalb der Vorsitzende des jüdischen Dachverbandes Crif, Francis Kalifat. Doch das reicht nicht: Der rechtsextreme Kandidat darf überhaupt keine Stimme erhalten. Denn er ist eine Gefahr für Frankreich – und Europa.
Die Autorin ist freie Journalistin in Straßburg.