In der Nacht zum Mittwoch wurde allem Anschein nach ein Feuer auf dem jüdischen Teil des Wiener Zentralfriedhofs gelegt. Die Polizei Wien bestätigte gegenüber der Jüdischen Allgemeinen einen Brand im Vorraum der Zeremonienhalle. Die Ermittlungen dauerten jedoch an. Auch der österreichische Verfassungsschutz untersuche den Vorfall.
An der Außenmauer des jüdischen Teils des Zentralfriedhofes entdeckten die Einsatzkräfte zudem Hakenkreuze. Daneben sprühten die Täter das Wort »Hitler«.
Brand wütete im Vorraum der Zeremonienhalle
Am frühen Mittwochmorgen hatte eine Anwohnerin Rauchschwaden bemerkt und die Israelitische Kultusgemeinde Wien kontaktiert, die das Grundstück verwaltet. Doch die Feuerwehr konnte nach ihrem Eintreffen nur noch ein paar Glutnester löschen. »Der gesamte Vorraum der Zeremonienhalle ist ausgebrannt«, schildert ein Mitarbeiter der Israelitischen Kultusgemeinde seine Eindrücke vor Ort. Es sei ein erheblicher Sachschaden entstanden. Personen seien aber zum Glück nicht verletzt worden. Auch könnten Angehörige die Gräber weiter besuchen. Auf Fotos, die Gemeinde-Präsident Oskar Deutsch auf X (ehemals Twitter) veröffentlichte, ist der verrußte Vorraum der Trauerhalle zu sehen.
Angriffe auf Friedhöfe »feigste Form antisemitischer Gewalt«
Der Wiener Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister verurteilte Angriffe auf jüdischen Friedhöfe auf X als »eine der feigsten und widerwärtigsten Formen von antisemitischer Gewalt«. Die Schändung des Friedhofs in Wien mit Hakenkreuzen sollte eine »warnende Erinnerung« sein, dass Antisemitismus von allen Seiten kommen könne – auch, wenn bislang noch nichts über die Täter bekannt sei.
Auch Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer verurteilte den Angriff. »Antisemitismus hat keinen Platz in unserer Gesellschaft und wird mit allen politischen und rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft. Ich hoffe, die Täter werden rasch ausgeforscht«, schrieb er auf X.
Der designierte Botschafter Israels in Österreich, David Roet, zeigte sich auf X entsetzt über die »abscheuliche antisemitische Tat« auf einem der ältesten jüdischen Friedhöfe Europas.
Serie antisemitischer Angriffe in Wien
Die Tat reiht sich ein in eine Serie von antisemitischen Angriffen in Wien: Vor zwei Wochen hatte ein Täter unter «Allahu akbar”-Rufen eine Auslagenscheibe einer koscheren Fleischerei eingeschlagen, dann wurde die israelische Fahne vom Portal der Hauptsynagoge gerissen.
Gleichzeitig erinnert der mutmaßliche Brandanschlag erschreckend deutlich an die Novemberpogrome von 1938: Vor ziemlich genau 85 Jahren brannte genau diese jüdische Trauerhalle schon einmal. Später wurde der Friedhof von den Nationalsozialisten enteignet, und zum einzigen »Park« der Stadt deklariert, an dem Juden sich noch aufhalten durften. Erst nach 1945 wurde die Halle wieder aufgebaut, bis heute werden dort jüdische Verstorbene vor der Beerdigung aufgebahrt und Gebete gesprochen.
Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien rief dazu auf, am Donnerstag um 18 Uhr am Heldenplatz ein Zeichen gegen Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit zu setzen.