Ungarn

Familientreffen an der Donau

Die Kantoren Isidoro Abramowicz (l.) und Paul Yuval Adam beim Schabbatgottesdienst in der Budapester Rumbach-Synagoge Foto: György Polgár

Seit 27 Jahren kommt das liberale Judentum in Deutschland einmal im Jahr zusammen, um gemeinsam zu lernen, zu beten, Schabbat zu feiern und zu diskutieren. Nach einer dreijährigen Zwangspause wegen der Corona-Pandemie konnte die Union progressiver Juden in Deutschland (UpJ) dieses wichtige Treffen, die sogenannte Jahrestagung, endlich wieder veranstalten. Diesmal hatte man Budapest als Tagungsort gewählt.

»Unsere Jahrestagung richten wir gern im Ausland aus, um uns mit den lokalen progressiven Gemeinden auszutauschen«, erklärt Vorstandsmitglied Alexandra Khariakova. Es soll auch eine Ermutigung sein. Denn in Ungarn ist die Reformbewegung klein und kämpft noch immer für ihre vollständige Anerkennung.

Zum Morgengebet am Schabbat wurden lokale Juden nicht nur eingeladen, sondern der Budapester Rabbiner Gábor Fináli machte auch den Kiddusch. Die angebotenen Workshops und Besichtigungen beschäftigten sich mit dem ungarischen Judentum, aber auch mit Musik oder anderen kulturellen Fragen. Auch einige praktische und verwaltungstechnische Fragen wurde erörtert.

NEUWAHLEN Was im Programm der Jahrestagung jedoch fehlte, war die ordentliche Mitgliederversammlung der UpJ. Sie wurde vertagt. Im Herbst werden vorgezogene Neuwahlen stattfinden, ursprünglich waren sie für 2023 geplant. Aktuell besteht der Vorstand der UpJ aus nur zwei Mitgliedern: der stellvertretenden Vorsitzenden Inna Shames und Schatzmeisterin Alexandra Khariakova.

Der Vorstandsvorsitzende Walter Homolka lässt sein Amt zurzeit ruhen. Der 58-Jährige ist auch Rektor des Potsdamer Abraham Geiger Kollegs (AGK), einer Ausbildungsstätte für liberale Rabbiner. Seit dem 6. Mai lässt er diese Funktion ebenfalls ruhen, weil seit einigen Monaten mehrere Verdachtsfälle von sexualisierter Belästigung und Machtmissbrauch am Geiger-Kolleg untersucht werden.

Homolka war in Budapest zwar anwesend, nahm aber nur am Schabbat teil, und dies auch nur als Privatperson. Die Vorstandsmitglieder und viele Teilnehmer stehen den Vorgängen in Potsdam mit Unverständnis gegenüber und verteidigen Homolka.

Auch ein anderes Thema durchdrang die Tagung: der Krieg in der Ukraine. Er tauchte in den Gesprächen zwischen den 150 Delegierten immer wieder auf. Denn der überwiegende Teil der Mitglieder von Gemeinden, die zur UpJ gehören, stammt aus der Ukraine und Russland. So überraschte es nicht, dass Rabbinerin Natalia Verzhbovska im Schabbatgottesdienst den Opfern beider Seiten ein Gebet widmete.

UpJ-Vorstandschef Walter Homolka lässt sein Amt derzeit ruhen.

Viele Gemeinden sind derzeit gefordert, da der Andrang bedürftiger Geflüchteter aus der Ukraine nicht nachlässt. Die zum Teil traumatisierten Menschen benötigen Hilfe, sie müssen betreut und sollen integriert werden.

spannungen Zudem sei es wichtig, Spannungen zu vermeiden, die es zwischen den neuen und den alteingesessenen Gemeindemitgliedern geben könnte, betont UpJ-Generalsekretärin Irith Michelsohn. »Die Politik lassen wir außen vor, soweit es geht. Wir sind in erster Linie Juden. Das ist, was uns verbindet.«

Das deutsche liberale Judentum schaut guten Mutes in die Zukunft. Die Zahl der Mitglieder nimmt zu, nicht nur durch Zuwanderung. »Von Überalterung kann keine Rede sein, denn viele Jugendliche interessieren sich für unsere moderne Glaubensrichtung«, betonte die Jugendleiterin Evgeniya Rozental.

Die Kinder- und Jugendarbeit sei auch in Bezug auf die Geflüchteten von enormer Bedeutung, sagt Irith Michelsohn: »Wenn wir sie von Anfang an mitnehmen und ihnen zeigen können, wie jüdisches Leben bei uns funktioniert, werden sie Zukunftsträger für die weitere Entwicklung der liberalen und progressiven Gemeinden.«

Wie stark der Nachwuchs eingebunden wird, ließ sich auch in der Sitzung von arzenu Deutschland, einem Partnerverein, der den progressiven Zionismus in Deutschland vertritt, erkennen. In den neuen, fünfköpfigen Vorstand wurden zwei Mitglieder gewählt, die nicht älter als 20 Jahre sind.

EHRUNG Ein kleines Highlight der Tagung war die Vergabe der Israel-Jacobson-Plakette für hervorragende Verdienste um den Aufbau und Einsatz für das liberale Judentum in Deutschland. Unter anderem erhielt sie Larisa Korshevnyuk von der Jüdischen Gemeinde zu Magdeburg. Sie gehört der Generation an, die den Respekt für die progressiven Juden der Stadt hart erkämpfen musste und, wie sie in Budapest sagte, auch heute noch oft darum ringen muss.

Die Schönheit der ungarischen Hauptstadt hat die Teilnehmer der UpJ-Tagung sichtlich beeindruckt. Und es sei erstaunlich, wie entspannt die Menschen im Jüdischen Viertel nahe der Großen Synagoge waren, berichtet eine Teilnehmerin. »Keine Spur von angespannter Achtsamkeit, wie sie in den Restaurants saßen oder ihr Judentum auf der Straße frei zeigten. Ich habe mich die ganze Zeit absolut sicher gefühlt.«

Türkei

Berichte: Türkische Polizei verhaftet Mann, der Anschläge auf Juden plante

Der Tatverdächtige soll Befehle vom Islamischen Staat erhalten haben

 21.02.2025

London

Fasten und Beten gegen säkulare Bildung

Die ultraorthodoxe Gemeinde fürchtet die staatliche Kontrolle ihrer Schulen. Andere Juden finden gerade dies dringend nötig

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  17.02.2025

Meinung

Wie das Ende eines Alptraums, der fünf Jahre gedauert hätte

Alon Ishay ist erleichtert, dass die Koalitionsgespräche der FPÖ vorerst gescheitert sind

von Alon Ishay  17.02.2025

USA

Die Hoffnung von San Francisco trägt Levi’s-Jeans

Dem beliebten Touristenziel geht es schlecht. Der Millionenerbe und Philanthrop Daniel Lurie soll es richten. Er ist der vierte jüdische Bürgermeister Westküstenmetropole

von Sarah Thalia Pines  16.02.2025

USA

Aus dem Schatten von Taylor Swift

Gracie Abramsʼ Stern scheint am Pophimmel gerade besonders hell. Das liegt nicht nur an ihrer besten Freundin

von Nicole Dreyfus  16.02.2025

Griechenland

Israelisches Paar in Athen angegriffen

Der Mann und die Frau sprachen auf der Straße Hebräisch – zwei arabischsprachige Männer attackierten sie mit einem Messer

 16.02.2025

Australien

Krankenpfleger drohen, israelische Patienten zu ermorden

Premierminister Anthony Albanese sagt, das Video sei »von Hass getrieben und widerlich.«

von Imanuel Marcus  14.02.2025

Polen

Ronald S. Lauder erhält Karski-Preis

Lauder wird für sein Engagement für die Erneuerung jüdischen Lebens in Polen und das Schoa-Gedenken geehrt

 13.02.2025

Künstliche Intelligenz

So Fake, aber so gut

Ein AI-generiertes, an den Antisemiten Kanye West adressiertes Video geht gerade viral. Und es ist eine Wohltat!

von Sophie Albers Ben Chamo  12.02.2025