Brüssel

»EU kommt Verpflichtung zum Kampf gegen Antisemitismus nicht nach«

Nach monatelangem Hin und Her hat die Europäische Union am Montag grünes Licht für die Auszahlung von 214 Millionen Euro an Unterstützung für die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) in Ramallah gegeben.

Die Finanzierung war auf Eis gelegt worden, nachdem der zuständige EU-Kommissar Olivér Várhelyi sowie einige EU-Mitgliedsstaaten Verbesserungen bei den an palästinensischen Schule verwendeten Unterrichtsmaterialien angemahnt hatten. Einer im Juni 2021 veröffentlichten Studie des deutschen Georg-Eckert-Instituts zufolge wird in Schulbüchern zum Hass gegen Israel angestiftet.

AUSZAHLUNG Várhelyi konnte sich mit seiner Auffassung aber intern nicht durchsetzen. Am Dienstag gab Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einem Treffen mit PA-Ministerpräsident Mohammed Schtajjeh in Ramallah bekannt: »Ich freue mich sehr, mitteilen zu können, dass die EU-Mittel für 2021 rasch ausgezahlt werden. Alle Schwierigkeiten sind überwunden. Wir haben klargestellt, dass die Auszahlung erfolgen wird.«

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Es sei wichtig, so von der Leyen, dass die EU die Gelder zur Verfügung stelle, um die Menschen in den Palästinensergebieten zu unterstützen - »insbesondere die Schwächsten«. Das trage dazu bei, die Voraussetzungen für wirtschaftliche Chancen zu schaffen. Am Montag hatte ein Gremium aus Vertretern der Mitgliedsstaaten die Mittelfreigabe beschlossen - dem Vernehmen nach stimmte nur Ungarn dagegen.

Der ungarische EU-Kommissar Várhelyi zeigte sich bei einer von der European Jewish Association am Dienstagnachmittag in Brüssel abgehaltenen Konferenz im Beisein der israelischen Einwanderungsministerin Pnina Tamano-Schata alles andere als amüsiert über die Entwicklung und kritisierte den Beschluss scharf.

ABSTRICHE Zwar erwähnte Várhelyi die Palästinenser nicht namentlich, wetterte aber, es sei »beunruhigend« mitanzusehen, wie das Commitment der EU zum Kampf gegen den Antisemitismus »schwächer zu werden scheint oder sogar verschwindet.« Nie hätte er geglaubt, so Várhelyi weiter, dass dieser wichtige Auftrag Europas »bei bestimmten Entscheidungen von ganz anderen Erwägungen überlagert« werde.

Die Anstrengungen Europas gegen den Judenhass dürften »niemals zu einer Frage von Mehrheiten werden«, betonte der für die Beziehungen zu den EU-Nachbarstaaten zuständige Kommissar. Man dürfe bei den Grundwerten auch keine Kompromisse und keine Abstriche machen: »Das darf nicht verhandelbar sein«. EU-Steuergelder könnten keinesfalls zur Finanzierung von Hass und Hetze verwendet werden.

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Várhelyi unterstrich dagegen die Wichtigkeit guter Beziehungen zwischen der EU und Israel. Diese Partnerschaft werde »zunehmend wichtiger für den Wohlstand Europas und seiner Nachbarn.« Es gebe schließlich »einzigartige historische, politische und kulturelle Bande« und die »gemeinsamen Werte«, sagte er weiter. Es sei eine Frage von »Glaubwürdigkeit, dass wir jede Form von Antisemitismus bekämpfen, auch die Anstiftung zu Hass, Gewalt und Terror.«

NEUE STUDIE Was mit Hass und Hetze beginne, ende mit Terror, so Várhelyi. Die Hetze vergifte nicht nur die Köpfe der Kinder, sie zementiere bei vielen auch die Ansicht, dass es keine Aussicht auf Frieden und eine Lösung des Konflikts gebe. »Es reicht nicht aus, darüber zu reden, wir müssen handeln. Und wir müssen jetzt handeln«, betonte der Kommissar. Die EU könne weder in Europa selbst noch im Nahen Osten ein glaubwürdiger Akteur sein, wenn sie ihre Grundwerte aufgebe.

Auf Twitter kündigte Várhelyi an, man werde in Kürze eine zweite Studie zu den an palästinensischen Schulen verwendeten Unterrichtsmaterialien in Auftrag geben. Man werde auch mit der PA in Ramallah dazu im Gespräch bleiben. Bislang gibt es allerdings auf palästinensischer Seite wenig Bereitschaft, in der Frage der Schulbücher dem Druck aus Brüssel nachzugeben. Várhelyi wollte die Verbesserung der Schulbücher zur Auflage machen für die Auszahlung der 214 Millionen Euro an EU-Mitteln. Mit diesen wird ein beträchtlicher Teil des Budgets der Autonomiebehörde bestritten.

PARLAMENT Kritik an der Freigabe der Mittel ohne besondere Auflagen kam auch aus dem Europäischen Parlament. »Leider ist dies eine verpasste Gelegenheit, schädlichen Bildungspraktiken ein Ende zu setzen, die eine Kultur des Hasses gegen Juden, Israelis und andere fördern«, erklärte die Vizepräsidentin des Parlaments, die FDP-Politikerin Nicola Beer.

Der SPD-Europaabgeordnete Dietmar Köster sagte, EU-Gelder dürften niemals verwendet werden, um Antisemitismus zu ermöglichen, insbesondere nicht im Bildungsbereich. »Die palästinensische Führung wird sich durch die Entscheidung zur Freigabe von Geldern ermutigt fühlen, weiterhin antisemitische Behauptungen im Bildungssystem zu verbreiten«, so Köster laut einer Erklärung der Arbeitsgruppe zum Kampf gegen Antisemitismus im Europaparlament.

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