Einspruch

Es ist nicht nur Corbyn

Labour hat in Großbritannien die Parlamentswahlen deutlich verloren. Inwieweit dies auch mit den Antisemitismusvorwürfen gegen den Vorsitzenden Jeremy Corbyn zu tun hat, lässt sich schwer sagen.

Aber es ist diese krachende Niederlage, die den Weg zu einer deutlicheren Kritik an der Labour-Führung frei machen könnte. Beispielsweise sagte Polly Toynbee, eine labourfreundliche Kolumnistin, dass Corbyn bloß seine Beziehungen zu Extremisten und Judenhassern vertuschen wollte.

wandel Wie schwierig aber die Hoffnung auf einen Wandel in der britischen Politik ist, offenbarte die Oberhausabgeordnete Jennifer Tonge, eine Ex-Liberale, die tönte, die Labour-Niederlage sei »die Schuld der Israellobby«, und der britische Oberrabbiner »tanzt wahrscheinlich dazu«. Derzeit ist es so, dass man Corbyn gar nichts glaubt.

Es ist die krachende Niederlage, die den Weg zu einer deutlicheren Kritik an der Labour-Führung frei machen könnte.

Das zeigte sich besonders an einem Beispiel, das – ausnahmsweise – einmal nichts mit Juden zu tun hatte: Corbyn, eigentlich ein Antiroyalist, hatte erzählt, er verfolge zu Weihnachten immer frühmorgens die Fernsehbotschaft der Queen; als die Interviewerin ihn darauf hinwies, dass diese traditionell nicht morgens, sondern nachmittags ausgestrahlt wird, war auch dem letzten Zuschauer klar, was von Corbyns Glaubwürdigkeit zu halten ist.

versprechen Für jüdische Wähler waren nicht nur Labours Versprechen sozialer und ökologischer Investitionen und die Option, eventuell doch noch den Brexit zu verhindern, zu unglaubwürdig. Vor allem ging es ihnen um Schutz vor Antisemitismus, und der ist eher von Johnson zu erwarten.

Also doch die Tories? Nein, dort wurden nun zwei Abgeordnete gewählt, die Verschwörungstheorien über George Soros verbreiten. Die Tories haben eine Untersuchung eingeleitet. Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass Vorurteile, seien sie antisemitisch, rassistisch oder islamophob, in der Partei verbreitet werden. Dass aber Boris Johnson sich für eine Bemerkung über muslimische Frauen, die Niqab tragen, entschuldigt hat, lässt auf Besserung hoffen.

Der Autor arbeitet als Großbritannien-Korrespondent in London.

Porträt

Liebe ohne Grenzen

Beatrice Wyler und Geri Naphtaly leben in einem Heim für Menschen mit geistiger Behinderung. Nach Widerstand von verschiedenen Seiten konnten sie vor anderthalb Jahren heiraten. Eine Begegnung in Zürich

von Nicole Dreyfus  22.01.2025 Aktualisiert

Guatemala

Die jüdischen Taliban

Behörden des Landes gehen gegen die radikale Sekte Lev Tahor vor und befreien 160 Kinder

von Andreas Knobloch  21.01.2025

Holocaust-Gedenken

»Jeder Israeli ist zum Gedenken willkommen«

Polens Vize-Außenminister Władysław Bartoszewski zur Kontroverse um den Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu

von Michael Thaidigsmann  21.01.2025

Interview

»Antisemitismus in der Schweiz ist beunruhigend«

Die abtretende Direktorin des Bundesamts für Polizei (fedpol), Nicoletta della Valle, warnt vor der schnellen Radikalisierung von Jugendlichen und weist auf besseren Informationsaustausch, um Terrorismus zu bekämpfen

von Nicole Dreyfus  21.01.2025

USA

So sieht »Nie wieder!« aus

Jonah Platts Familie gehört zu Hollywoods Elite. Im Interview spricht der Schauspieler, Drehbuchautor und Sänger über seinen Podcast »Being Jewish« und jüdische Selbstbehauptung seit dem 7. Oktober

von Sophie Albers Ben Chamo  20.01.2025

Italien / Vatikan

Roms Oberrabbiner kritisiert Papst für Israel-Aussagen

Eine namhafte jüdische Stimme wirft Papst Franziskus in Sachen Gaza-Krieg »selektive Empörung« vor. Bei anderen Konflikten weltweit halte sich das Kirchenoberhaupt dagegen zurück

 18.01.2025

Irland

Der Präsident soll nicht reden

Wenn es nach der jüdischen Gemeinschaft geht, soll Michael D. Higgins, irischer Staatspräsident, in diesem Jahr nicht bei der Gedenkfeier zum Holocaust-Gedenktag sprechen

von Michael Thaidigsmann  16.01.2025

Ungarn

Abschied von der ältesten Olympiasiegerin

Die legendäre Turnerin Ágnes Keleti ist in Budapest gestorben – nach einem langen, außergewöhnlichen Leben voller Medaillen

von Martin Krauß  15.01.2025

Frankreich

Iris Knobloch bleibt Präsidentin des Filmfestivals Cannes

Sie ist die erste Frau an der Spitze des Festivals

 15.01.2025