Es ist das erste Mal in der Geschichte Mexikos, dass eine Frau zur Bürgermeisterin der Hauptstadt gewählt wurde. Und eine weitere Premiere: Die neue Regierungschefin von Mexiko-Stadt ist Mitglied der jüdischen Gemeinde.
Claudia Sheinbaum Pardo von der linken Partei Nationale Erneuerungsbewegung (Morena) gewann am Sonntag mit deutlichem Vorsprung die Wahlen. Die jüdische Politikerin holte mindestens 20 Prozent mehr Stimmen als ihre schärfsten Rivalen Alejandra Barrales Magdaleno von der bisher in der Hauptstadt regierenden sozialdemokratischen Partei der Demokratischen Revolution (PRD) und Mikel Arriola Penalosa von der Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI).
Morena-Partei Zum ersten Mal seit 1997 werden Land und Hauptstadt wieder von derselben Partei regiert. Morena-Parteichef Andrés Manuel López Obrador, kurz AMLO, war am Sonntag mit mehr als 50 Prozent der Stimmen in einer historischen Abstimmung zu Mexikos neuem Präsidenten gewählt worden.
Ohne López Obrador, der lange Jahre Mitglied der PRI und später Gründungsmitglied der PRD war, ist Sheinbaums politische Karriere nicht zu verstehen. Im Wahlkampf gab es kaum ein Plakat, auf dem sie nicht zusammen mit AMLO zu sehen war.
Im Jahr 2000 hatte sie dieser als damals neu gewählter Bürgermeister von Mexiko-Stadt in sein Kabinett (2000–2005) geholt. Sheinbaum wurde Umweltministerin und war in dieser Zeit mitverantwortlich für zwei der umstrittensten und zugleich symbolischsten Projekte der AMLO-Administration: das sogenannte zweite Stockwerk der Periférico-Stadtautobahn und die Einrichtung der Metrobuslinien.
Herkunft Sheinbaum ist seit ihren Studententagen politisch aktiv. Ihre Großeltern väterlicherseits waren Anfang des 20. Jahrhunderts aus Litauen nach Mexiko eingewandert. Die Familie mütterlicherseits waren sefardische Juden aus Bulgarien, die vor den Nazis nach Mexiko flohen.
Sheinbaums Eltern wurden in Mexiko geboren und gehörten später der 68er-Bewegung an. Die heute 56-jährige Claudia Sheinbaum ist studierte Physikerin und promovierte Ingenieurin. Vor ihrer Karriere als Politikerin genoss sie großes Ansehen als Wissenschaftlerin. Im Gegensatz zu López Obrador ist sie keine, die die Massen bewegt. Bei öffentlichen Auftritten sieht man sie kaum einmal lächeln. Ihre Reden aber schreibt sie selbst, wie sie in einem Interview erklärte.
Sheinbaum gilt als linke Pragmatikerin, die sich für kulturelle Vielfalt, Umweltbelange, Indigene und Frauenrechte einsetzt. »Meine Regierung wird laizistisch sein«, sagte sie gegenüber der spanischen Tageszeitung El País.
Noch in der Wahlnacht versprach Sheinbaum, »die Korruption zu beenden« und kündigte Sparmaßnahmen an. Sie wolle verantwortungsvoll die Sicherheit in der Stadt wiederherstellen. Auf einer Wahlkampfveranstaltung hatte Sheinbaum kürzlich versprochen: »Nur weil ich wie eine dünne Wissenschaftlerin aussehe, heißt das nicht, dass ich hier nicht gegen die Kriminalität vorgehen werde!«
Mehr dazu am Donnerstag in unserer Printausgabe