Thomas Blatt und Filip Bialowicz erzählen vom Aufstand im deutschen Vernichtungslager Sobibor 1943, als wäre es gestern gewesen: »Wir lockten die deutschen Wachmänner zum Magazin. Da warteten bereits sowjetische Juden auf sie. Das waren die Einzigen unter uns, die einmal als Soldaten gedient hatten und mit Waffen umgehen konnten.«
Sie töteten die Wachleute, um an deren Waffen zu gelangen. Beim Appell um 17 Uhr habe einer der Anführer des Aufstandes das Signal gegeben: »Jetzt oder nie!« Knapp 400 Juden entkamen. Ringsum gab es nur sumpfigen Wald, ein Minenfeld und hinter der Bahnrampe das kleine Dorf Sobibor. Doch dort suchte kaum jemand Zuflucht.
70 Jahre ist das her. Am Montag gedachten Überlebende von Sobibor, Familienangehörige der hier Ermordeten, Politiker, Jugendliche und Geistliche der Toten. 250.000 Juden aus ganz Europa wurden in Sobibor vergast. Von den 400, die den Aufstand wagten, überstanden nur 47 Flucht und Krieg. Heute leben noch acht von ihnen. Bialowicz, Blatt und auch Jules Schelvis kamen zum 70. Jahrestag des Aufstandes noch einmal nach Sobibor.
Jugendliche »Die Juden aus Holland reisten mit Personenzügen an. Sie waren völlig ahnungslos, freuten sich, dass die lange Reise nun endlich zu Ende war«, erzählt Bialowicz Jugendlichen aus Israel und anderen Ländern. »Ich war damals ein Kind, half den Ankommenden mit dem Gepäck, und sie drückten mir zum Dank sogar noch ein Trinkgeld in die Hand.«
Fassungslos starren die jungen Zuhörer den heute 83-Jährigen an. Durch das perfide Lügensystem kam das Vernichtungslager mit einer geringen Zahl von Wärtern aus. »Der Lagerkommandant begrüßte die Juden freundlich und offiziell. Gleich würden sie die Möglichkeit erhalten, Postkarten an Verwandte oder Freunde zu schreiben, dann würden ihnen die Haare geschnitten, und danach gebe es eine erfrischende Dusche.«