Nach Israels Militäreinsatz gegen ein türkisches Schiff der Gaza-Flottille, bei dem am 31. Mai neun Menschen getötet wurden, ist in Wien ein Ansteigen antisemitischer Vorfälle festzustellen, warnt der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant. Angeheizt wurde die Stimmung vor allem durch eine große Anti-Israel-Demonstration am 4. Juni, an der über 10.000 Personen teilgenommen haben, die mehrheitlich der türkischen Community zuzurechnen waren.
Seitdem werden immer neue Fälle antisemitischer Übergriffe bekannt: Ein Rabbiner wurde nahe einer jüdischen Schule von einem türkischen Jugendlichen beschimpft. Dabei kam es zu einem Wortgefecht, schließlich stürmten etliche türkische Männer aus einem Lokal heraus und bedrohten den Rabbiner. Mehrere durch ihre Kleidung als Juden erkennbare Personen wurden auf der Straße bespuckt, geschlagen, angerempelt oder beschimpft. »Judensau« musste ein Rabbiner in der Wiener Innenstadt hören, Taxifahrer weigern sich, jüdische Fahrgäste mitzunehmen.
Muzicant wandte sich am Donnerstag in einem Brief an alle Gemeindemitglieder. Er sichert darin Hilfe der IKG zu und ruft alle, die Opfer solcher Übergriffe werden, auf, sich bei der Kultusgemeinde zu melden und Anzeige bei der Polizei zu erstatten. »Wir dürfen nicht zulassen, dass der Antisemitismus jetzt auf die 400.000 in Österreich lebenden Türken übergreift.«