In Deutschland ist er noch vielen bekannt. Herschel Gluck war jahrelang Rabbiner des Bundesverbands Jüdischer Studenten. Die Verbindung mit Deutschland erbte er von seinem Vater, der etlichen deutsch-jüdischen Gemeinden nach 1945 half. »Was mein Vater tat, galt damals als revolutionär, denn viele wollten mit Deutschland nichts mehr zu tun haben«, erzählt der 54-Jährige.
Anekdote Gluck schließt die Augen und erinnert sich an eine Anekdote, die ihm sein Vater einst erzählte. »1938 stieß er in Wien auf einige Nazis, die einen alten jüdischen Mann zwangen, ein antideutsches Graffito von der Straße zu entfernen. Mein Vater bat sie, den alten Mann gehen zu lassen und ihm selbst die Arbeit zu überlassen, und so geschah es dann.« Auch seine Mutter Necha, blond und blauäugig, schritt mutig ein, als Uniformierte eine jüdische Frau schikanierten. »Sie fragte: ›Was soll das?‹ Da ließen sie die Frau gehen, ohne zu wissen, dass meine Mutter selbst Jüdin war.«
70 Jahre später war es Herschel Gluck, der sich in eine Londoner Moschee begab, um zu erfahren, was man dort über Juden denkt. »Die Vorurteile waren die gleichen, die ich unter Juden über Muslime gehört hatte«, sagt Gluck. Als Antwort darauf gründete er in London das Muslimisch-Jüdische Forum. »Es soll gezielt unpolitisch sein und stattdessen gemeinsame Anliegen wie Schule und Beschneidung besprechen.«
Muslime Die gemeinsamen Interessen hätten die Mitglieder so stark miteinander verbunden, sagt Gluck, »dass das Forum stabil blieb, selbst als die Kämpfe in Gaza in die Schlagzeilen kamen«. Dem Projekt folgte bald ein weiteres: das Arabisch-Jüdische Forum. Offener Meinungsaustausch war hier bewusst gewollt. Beide Foren sind heute feste Bestandteile der Beziehung zwischen Juden und Muslimen in Großbritannien. Als Mann des Dialogs ist Gluck sehr gefragt, manchmal sogar als Diplomat: So bat man ihn nach der Geiselnahme des israelischen Soldaten Gilad Schalit, bei iranischen Vertretern vorzusprechen.
Als Gluck kürzlich hörte, dass er von Queen Elizabeth den »Order of the British Empire« erhalten würde, freute er sich über die öffentliche Anerkennung. Er strich sich durch den langen weißen Bart und sagte: »Gott will, dass wir in Harmonie zusammenarbeiten und die Welt in eine bessere verwandeln.«