Er gilt als der umtriebigste Kapitalist von allen seinen russischen Kollegen, manche nennen ihn gar »Investor Nimmersatt«. Michail Fridman kann über solche Bezeichnungen nur lächeln. Er geht weiter seinen Geschäften nach und leistet sich auch Philanthropisches.
Nun hat der 48-Jährige zusammen mit Pjotr Awen und German Chans, den wichtigsten Anteilseignern seiner »Alfa Group«, einen Preis ins Leben gerufen, den er einen »Beitrag der Juden zur Weltgeschichte« nennt: Einmal im Jahr soll der mit einer Million US-Dollar dotierte »Genesis-Preis« an Wissenschaftler aller möglichen Richtungen verliehen werden. Hauptsache ist, sie haben sich für die »erfolgreiche Vermittlung jüdischer Werte« eingesetzt. Der Preis soll jedes Jahr an Pessach vom israelischen Ministerpräsidenten übergeben werden. 50 Millionen Dollar hat Fridmans Stiftung »Genesis Philanthrophy« bereits eingebracht.
Was Alfred Nobel konnte, das können wir auch, dachte sich Fridman bereits vor längerer Zeit. Fünf von 13 Nobelpreisträgern im vergangenen Jahr waren jüdischer Abstammung, die meisten von ihnen haben sich mit Erkenntnissen in den Wirtschaftswissenschaften verdient gemacht. Und ein einziger Preis für herausragende Leistungen, das sei doch nun wirklich zu wenig, befand der Unternehmer und einer der reichsten Männer in Russland.
Ehrungen Es gibt zwar noch den Templeton-Preis, der sich ebenfalls am Nobelpreis orientiert. Der aber ehrt Verdienste an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Religion und betont vor allem den Stellenwert der Spiritualität. Der in Hongkong verliehene Shaw-Preis des chinesischen Filmproduzenten Run Run Shaw hat dagegen die Erkenntnisse in Astronomie, Mathematik und Medizin im Fokus.
Einen Preis aber, der den »Stolz von jungen Juden in aller Welt weckt, ihre jüdische Identität und ihr Verhältnis zu Israel stärkt« habe es bislang allerdings nicht gegeben. Der Genesis-Preis, so Fridman Anfang des Monats während der Vorstellung der Auszeichnung beim israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, werde genau diese Lücke schließen.
Es gibt kaum etwas, wo Fridman – die russische Fachzeitschrift Finans schätzte sein Vermögen im vergangenen Jahr auf 16 Milliarden Dollar – nicht investiert hat: Beteiligungen im Ölexport und im Mobilfunk, im Finanzwesen, aber auch in der Lebensmittelindustrie und dem Einzelhandel nennt der aus Lemberg in der Ukraine stammende Geschäftsmann sein Eigen. Wenn es sein muss, geht er bei der Ansammlung seiner Firmen mit harten Bandagen vor – aber immer nur so weit, dass er die Herren im Kreml nicht verärgert. Denn mit dem Machtzentrum Russlands kennt sich der Mann aus.
Wahlsieg Zu Jelzin-Zeiten gehörte Fridman zu den »Großen Sieben«, den sieben russischen Unternehmern, die mit ihrem Geld und ihrem Einfluss dem alkoholkranken Boris Jelzin 1996 zum Wahlsieg verhalfen und 50 Prozent der russischen Wirtschaft beherrschten. Bis heute klebt das »Oligarchen«-Etikett an ihnen. Fridman lässt sich davon nicht stören und investiert in Wohltätigkeit.
»Unabhängige Experten«, so heißt es in der Stiftung, sollen jüdische Wissenschaftler, Künstler, Mediziner, Ökonomen und Diplomaten für den Preis vorschlagen. Diese durchlaufen ein mehrstufiges Verfahren, bis ein Komitee aus einem Sprecher der Knesset, des israelischen Parlaments, und zwei pensionierten Richtern des Obersten Gerichts Israels den Gewinner verkünden. Die Verwaltung des Preises übernimmt die Jewish Agency for Israel, Israels offizielle Einwanderungsbehörde.
Motive Mehr als eine Million russischsprachiger Juden leben in Israel. Fridman blieb immer in Russland, seine Eltern wanderten nach Deutschland aus. Den Aufstieg zum Oligarchen, diesem nahezu sagenumwobenen Puzzle aus Gnadenlosigkeit, geschicktem Taktieren zwischen Politik und Wirtschaft, den undurchsichtigen Verbindungen auch zur organisierten Kriminalität meisterte er in kurzer Zeit – und versucht seit Jahren, wie jeder andere russische oder ukrainische Oligarch auch, sich vom dunklen Image der wilden 90er-Jahre zu befreien.
Manche von ihnen investieren in teure Kunst, wie auch sein Kompagnon Pjotr Awen, oder in Fußballklubs. Fridman aber sammelt Samurai-Schwerter und setzt mit seiner Stiftung seit 2007 auf Identitätsbildung von russischsprachigen Juden in aller Welt. Auch der neue Preis soll ein wenig dazu dienen – und so ganz nebenbei Fridmans, Awens und Chans Weste etwas weißer werden lassen.