Nein, eine eigene Grammy-Statue, die habe er nicht erhalten, sagt der 27-jährige Amichai Gutermann. Aber wieso sollte der in Basel Geborene, der sich in Israel am Tel Aviv Cantory Institute (TACI) zum Chasan ausbilden lässt, überhaupt so eine hohe Auszeichnung bekommen? Um diese Frage zu beantworten, muss man einige Jahre zurückblicken: »Im Rahmen meines Betriebswissenschaftsstudiums verbrachte ich einige Monate in Kanada«, erzählt Gutermann.
In dieser Zeit habe er sich dem orthodoxen Synagogenchor »Shaar HaShamayim« in Montreal angeschlossen. »Eines Tages wurden wir angefragt, ob wir bei einer speziellen Produktion mitwirken möchten.« Man habe ihnen zwar zuerst nicht genau gesagt, wer hinter dem Projekt stehe, »aber es wurde angedeutet, dass es hier um einen ›dicken Fisch‹« gehe, sagt Gutermann. Als klar wurde, dass der Chor Leonard Cohens Song »You want it darker« begleiten soll, da sei er »positiv geschockt gewesen«.
weltstar Leonard Cohen habe er zwar leider nicht mehr persönlich kennengelernt, sagt Gutermann. Der Weltstar, der in Los Angeles wohnte, sei zu diesem Zeitpunkt schon zu krank gewesen, um noch nach Kanada zu fliegen. »Doch es gab viele Kontakte zu Cohens Sohn, Adam.« Dass der Song in Cohens Heimatstadt Montreal aufgenommen wurde, war dem Sänger von Hits wie »First we take Manhattan« wichtig. »Hier war sein Vater einst Präsident der Jüdischen Gemeinde«, erzählt Gutermann.
Amichai singt schon seit seiner Kindheit. Zuerst in Basel im Synagogenchor, wozu ihn sein Onkel, der 2009 verstorbene Kantor Marcel Lang, ermunterte. »Er hat mich sozusagen in die Chasanut-Welt eingeführt, auch wenn ich vielleicht zu jung war, um alle Details davon genau zu verstehen.«
Aufgewachsen ist Amichai unweit der Großen Synagoge in Basel, wo er auch die Schule besuchte. Anschließend sang er in Straßburg und später im Chor der Jerusalemer Großen Synagoge. Leider erlebte sein Onkel das nicht mehr.
vorlieben Aber wie auch er hat der Neffe Amichai Gutermann jenseits der Welt der Chasanim und Synagogen seine musikalischen Vorlieben: »Ich singe vor allem gerne Schubert-Lieder und italienische Arien«, sagt er.
Zurzeit geht es für ihn vor allem um die Chasanut, die Welt der Kantoren. An der TACI gibt es viel zu lernen. Zumal dort die bekanntesten Vertreter aus der Branche unterrichten. Auch die praktische Seite darf bei der Ausbildung nicht zu kurz kommen, meint Gutermann.
Bei seinen bisherigen Auftritten in Israel sei ihm allerdings aufgefallen, »dass die Leute manchmal weniger Geduld aufbringen für die Sangeskunst der Chasanim als Synagogengänger in der Diaspora«. Wer es dann aber schaffe, die volle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, der könne stolz sein, sagt Gutermann.
zukunft Seine Zukunft sieht der 27-jährige Basler nicht unbedingt in Israel. »Ich kann mir durchaus vorstellen, wieder in die Schweiz zurückzukehren.« Dort hat er auch viele andere Erfahrungen gesammelt, zum Beispiel als Hebräisch-Dolmetscher bei Spielen zwischen seinem Lieblingsfußballverein FC Basel und Maccabi Tel Aviv.
Bei dieser Gelegenheit hörten viele in Basel, die Amichais Stimme bis dahin nur als Vorbeter kannten, ihn als Stadionsprecher, wie er die Mannschaftsaufstellungen auf Hebräisch verkündete und die Torschützen bekannt gab. Seinem Onkel, der ebenfalls Fußballfan war, hätte das wohl fast so gut gefallen wie ein »Lecho dodi« Amichais am Freitagabend in der Synagoge im Gottesdienst.