Twitter-Affäre

»Du weißt nicht, wovon du redest«

Bei Mexikos Juden stieß Netanjahus Tweet auf heftige Ablehnung. Foto: Flash 90

Bibis» Gezwitscher sorgt nicht nur für diplomatische Verstimmung, sondern befeuert auch den Antisemitismus in Mexiko. Die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, an der Grenze zu Mexiko eine Mauer zu bauen, hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu per Twitter mit den Worten kommentiert: «Präsident Trump liegt richtig. Ich habe eine Mauer entlang der israelischen Südküste gebaut. Es hat die gesamte illegale Einwanderung gestoppt. Großer Erfolg. Großartige Idee.»

Bei Mexikos Juden stieß Netanjahus Tweet auf heftige Ablehnung. Nach Berichten der «Jerusalem Post» sagte Mexikos Oberrabbiner Shlomo Tawil im israelischen Armeeradio, Netanjahus Worte haben «in den sozialen Medien eine Menge Antisemitismus wachgerüttelt».

Ungewöhnlich scharf heißt es in einer Erklärung des Zentralkomitees der Jüdischen Gemeinschaft in Mexiko (CCCJM): «Wir distanzieren uns von der Botschaft des Premierministers von Israel. Als Mexikaner und Juden befürworten wir die Maßnahmen, die unsere Regierung unter Leitung von Enrique Peña Nieto in den Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten ergriffen hat.»

Medien Mexikanische Zeitungen berichten seit Tagen auf den Aufmacherseiten über die Reaktionen mexikanischer Juden auf den Tweet aus Israel. Rund 40.000 der 104 Millionen Einwohner sind jüdisch. Die Schriftstellerin und Journalistin Sabina Berman, deren Roman Die Frau, die ins Innerste der Welt tauchte auch in Deutschland erschien, blies Netanjahu per Twitter den Marsch: «Wenn du nicht weißt, wovon du redest, schweig lieber. Die mexikanischen Juden würden es dir danken.»

Der renommierte Historiker Enrique Krauze nannte Netanjahus Tweet eine «infame Erklärung». Sein Sohn León Krauze, der 2011 Mexikos Journalist des Jahres war, twitterte: «Als mexikanischer Jude schäme ich mich für diesen Tweet.» Und der Wirtschaftswissenschaftler Isaac Katz attestierte Netanjahu: «Du liegst völlig falsch. Schäm dich! Die Errichtung einer Mauer gegen den Terrorismus und eine gegen Einwanderer kann man nicht vergleichen.»

Botschafter Ebenfalls per Twitter dankte Mexikos Außenminister Luis Videgaray der jüdischen Gemeinschaft seines Landes für ihre Erklärung und hob den besonderen gesellschaftlichen Beitrag der Juden für das Land hervor. Am Montag rief er Mexikos Botschafter in Israel zu dringenden Beratungen in seine Heimat zurück, um ihm «tiefe Verwunderung, Ablehnung und Enttäuschung» über Netanjahus Tweet zu erläutern. Doch Mexiko hoffe, sagte Videgaray, dass die «israelische Regierung so vernünftig ist, Netanjahus Bemerkungen zu korrigieren». Er betonte: «Mexiko ist ein Freund Israels und sollte von dessen Premier auch als ein solcher behandelt werden.»

Israels Staatspräsident Reuven Rivlin entschuldigte sich am Dienstag bei Mexikos Staatschef Nieto für das «Missverständnis» durch Netanjahus Tweet.

USA

Der Lautsprecher

Howard Lutnick gibt sich als Architekt der amerikanischen Zollpolitik. Doch der Handelsminister macht sich mit seiner aggressiven Art im Weißen Haus zunehmend Feinde

von Sebastian Moll  18.04.2025

Ungarn

Die unmögliche Geige

Dies ist die zutiefst berührende Geschichte eines Musikinstruments, das im Todeslager Dachau gebaut und 70 Jahre später am Balaton wiedergefunden wurde

von György Polgár  17.04.2025

Medien

Noa Argamani ist auf der »Time 100«-Liste

Alljährlich präsentiert das »Time Magazine« die 100 einflussreichsten Menschen der Welt. 2025 ist auch eine freigelassene israelische Geisel dabei

 17.04.2025

USA

Neuauflage von Weinstein-Prozess startet

Vor gut einem Jahr überraschte ein Gericht in New York die Welt und hob das historische Vergewaltigungsurteil gegen Harvey Weinstein auf. Nun wird über die Vorwürfe erneut verhandelt

von Benno Schwinghammer  14.04.2025

Türkei

Die Optimistin

Liz Behmoaras schrieb über das jüdische Leben im Land – und für das Miteinander. Ein Nachruf

von Corry Guttstadt  14.04.2025

Ägypten

Gefährliches Paradies

Der Sinai ist einer der wenigen Urlaubsorte im Ausland, den Israelis auf dem Landweg erreichen können. Gern auch zu Pessach. Aber zu welchem Preis?

von Matthis Kattnig  11.04.2025

Feiertag

Putzen, Plagen, Playmobil

Neben Mazza und Haggada bietet Pessach Raum für ganz neue, individuelle Rituale. Wir haben uns in sieben Familien in Europa und Israel umgehört

von Nicole Dreyfus  11.04.2025

Israel-Boykott

Johnny Rotten nennt Hamas »einen Haufen von ›Judenvernichtern‹ «

Eine irische Zeitung hat versucht, den Ur-Punk Johnny Rotten vorzuführen, der sich kraftvoll gegen einen Boykott Israels wehrt. Das ging gründlich schief

von Sophie Albers Ben Chamo  10.04.2025

USA

Eine Hochschule und ihr LGBTQ-Klub

Die einen feiern den »Meilenstein für queere Juden«, die Yeshiva University rudert zurück. Nicht nur die orthodoxe Gemeinschaft ist verwirrt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.04.2025