Mehr als 10.000 Juden haben im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz am 23. »Marsch der Lebenden« teilgenommen. An dem drei Kilometer langen Marsch aus dem Stammlager Auschwitz I ins Konzentrationslager Auschwitz-II-Birkenau beteiligten sich Schüler- und Studentengruppen sowie auch viele ältere Menschen, unter ihnen zahlreiche Schoa-Überlebende.
Die Teilnehmer gedachten insbesondere der ungarischen Juden, die von Mai bis Juli 1944 von den Deutschen nach Auschwitz deportiert wurden. Während der Schoa hatten die Nazis mehr als 500.000 jüdische Bürger des Landes verschleppt und fast alle in Auschwitz-Birkenau ermordet. Der ungarische Staatspräsident János Áder marschierte mit mehreren Hundert jungen Juden aus Ungarn und aller Welt an der Spitze des langen Zuges.
Verbundenheit An dem Marsch nahmen auch junge Erwachsene der israelischen Organisation Heseg, die sich um sogenannte »lone soldiers«, Soldaten ohne Familie, in Israel kümmert, teil. Einer von ihnen ist Amir Mizrachi. »Ich bin zum ersten Mal hier und habe selbst keine Vorfahren, die während der Schoa umgebracht wurden«, sagt der junge Mann. »Es ist immer eine persönliche Sache, aber auch, wenn ich keine familiäre Geschichte mit dem Ort verbinde, war es doch mein Volk, das hier gelitten hat.«
Zu denen, die litten, aber überlebt haben, zählt Hank Brodt. »Ich bin in sechs Konzentrationslagern gewesen und am Ende doch gerettet worden«, erklärt der Amerikaner, der aus der ehemals polnischen Region um das damalige Lemberg stammt. Zum nunmehr siebten Mal schritt Brodt den Weg in das Lager Birkenau ab, doch es habe lange gedauert, bis er über die Vergangenheit sprechen konnte: »Bis zum Jahr 2006 wollte ich nichts davon erzählen. Seither rede ich immer wieder vor Schülern über meine Erfahrungen. Selbst, wenn ich nur zehn Prozent einer Gruppe erreiche, bin ich zufrieden.«
Der Marsch endete am späten Montagnachmittag im ehemaligen deutschen Konzentrationslager Auschwitz-II-Birkenau mit dem Kaddisch-Gebet und der israelischen Nationalhymne.