Lange Zeit war die Zahl der Internet-Domains sehr übersichtlich. Sie bestanden aus technisch anmutenden Kategorien wie .de, .fr, .edu, .gov oder .com. Doch noch in diesem Jahr sollen Hunderte neuer Internetendungen mit selbst erklärenden Namen freigeschaltet werden, unter anderem .kosher. Als das Konzept der Endung bekannt wurde, war allerdings längst nicht jeder erfreut.
Für eine Gebühr von 185.000 US-Dollar konnte sich im Jahr 2012 jeder um eine neue Endung bewerben. Insgesamt gingen knapp 2000 Anträge ein. Einige der neuen Endungen sind schon online, die Hauptstadtendung .berlin beispielsweise oder die Branchenendung .versicherung. Um andere gibt es noch Streit.
Wettbewerbe Vergeben werden die Endungen von der ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers), einer Art globaler Internetbehörde. Die Bewerbung für .kosher kam von der US-Firma OK Kosher, selbst Zertifizierer für koscheres Essen. Im Antrag hieß es selbstbewusst, dass der neue Namensraum im Internet die wichtigste Anlaufstelle für verlässliche Informationen zu koscherer Zertifizierung werden soll. Das rief die Wettbewerber auf den Plan.
Der Markt für koscheres Essen ist in den USA stark umkämpft. Die Wettbewerber befürchteten eine Marktverzerrung durch die Endung in der Hand von OK Kosher. Eine Formulierung aus dem Antrag irritierte sie besonders: »Nur wer eine strikte Zertifizierung durchläuft, kann unter dieser Internetendung Adressen nutzen.« Wollte OK Kosher damit die eigenen Zertifizierungsmethoden durchsetzen und die Wettbewerber alt aussehen lassen?
Unter Führung der Union of Orthodox Jews, die mit OU Kosher eine eigene Zertifizierung betreibt, legten am 13. März 2013 fünf Wettbewerber bei der ICANN Einspruch ein. Sie verwiesen auf die Gefahr einer Marktverzerrung zugunsten eines einzigen Zertifizierers. Über solche Einsprüche befindet ein von der ICANN beauftragter Gutachter. Der wies die Beschwerde am 14. Januar 2014 zurück. OU Kosher habe nicht deutlich machen können, inwiefern durch die Endung ein tatsächlicher Schaden entsteht. Rabbi Chaim Fogelman, Kommunikations-Chef von OK Kosher, sagte dazu auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen: »Wir stimmen dem natürlich aus vollen Herzen zu. Wir sind überzeugt, dass jeder von der Internetendung .kosher profitieren wird.«
Adressen Allerdings veröffentlichte OK Kosher eine Art Selbstverpflichtung. Darin heißt es unter anderem, dass man Wettbewerber bei der Vergabe von Adressen nicht benachteiligen werde und dass die Endung nicht dazu dienen wird, eigene Zertifizierungsstandards durchzusetzen.
Auch bei anderen religiösen Endungen wie .bible, .islam oder .halal gab es Einsprüche und Beschwerden. Einige wurden von der ICANN berücksichtigt, andere verworfen. Während viele Endungen bereits freigeschaltet sind, hat sich das bei religiösen Endungen durch die Einsprüche verzögert. Einzig die konfessionsübergreifende Internet-Kategorie .church ist bereits am Netz. Zur Zeit weist sie etwa 7000 Adressen auf und wird größtenteils von lokalen christlichen Kirchen in den USA genutzt.
Wann genau es mit .kosher losgeht, steht noch nicht fest. Man warte noch darauf, dass die ICANN den Vertrag zuschickt, sagt Rabbi Chaim Fogelman, erst dann könne man sich auf einen Zeitplan festlegen. Auch die Registrierungspolitik für .kosher-Adressen kann er erst vage umreißen: »Es wird formale Kriterien geben, sodass der .kosher-Namensraum nur von Organisationen oder Firmen genutzt wird, die dort verlässliche Informationen über koschere Inhalte anbieten.«
Man entwickle zur Zeit die genauen Kriterien. Die selbst auferlegte Nicht-Diskriminierungs-Politik stelle aber in jedem Fall sicher, dass alle tatsächlichen Zertifizierer mit dabei sein können.
.kosher als einzige jüdische Internetendung wird also kommen – auch wenn das längst nicht alle so richtig koscher finden.