Brasilien

Diplomatische Krise

Von Israel ernannt, doch von Brasilien immer noch nicht bestätigt: Dani Dayan soll den Posten des Botschafters in dem südamerikanischen Land übernehmen. Foto: Flash 90

Der Streit um die Ernennung eines neuen israelischen Botschafters in Brasilien droht sich zu einer handfesten diplomatischen Krise zwischen den beiden Staaten auszuweiten. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hatte im August Dani Dayan für den Posten ernannt; im September war dieser vom israelischen Kabinett bestätigt worden. Doch statt den Botschafter zu bestätigen, wie es üblich ist, hat Brasiliens Regierung auch nach vier Monaten noch nicht reagiert – und so zu verstehen gegeben, dass sie mit der Ernennung keinesfalls glücklich ist.

Dayan, in Argentinien geboren und 1971 als 15-Jähriger nach Israel ausgewandert, lebt in Ma’ale Shomron, einer Siedlung im Westjordanland. Von 2007 bis 2013 war er Präsident des Jescha-Rates der Siedler im Westjordanland. Er hat sich wiederholt gegen die Schaffung eines palästinensischen Staates ausgesprochen.

Ablehnung Aus hohen diplomatischen Kreisen Brasiliens heißt es, die Regierung Dilma Rousseff werde Dayan nicht als neuen Botschafter akzeptieren. Israel solle einen neuen Kandidaten vorschlagen.

In Jerusalem aber denkt man nicht daran. Vize-Außenministerin Tzipi Hotovely versicherte, man werde vielmehr »alle zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen«, um Dayans Ernennung durchzusetzen. »Der Staat Israel wird nicht akzeptieren, dass ein Botschafter aus ideologischen Gründen abgelehnt wird.« Andernfalls gäbe es eine »Krise zwischen beiden Ländern«, so Hotovely.

Auch Dayan selbst fordert eine starre Haltung seiner Regierung: »Die Frage ist weniger, ob ich der nächste Botschafter in Brasilien bin oder nicht. Die Frage, die auf den Tisch kommen sollte, ist, ob ein Siedler die Voraussetzung mitbringt, Botschafter zu sein und einen diplomatischen Posten zu bekleiden – oder ob wir akzeptieren, dass 700.000 Israelis davon ausgeschlossen bleiben.« Was in Brasilien geschehe, sei, »Leute zu etikettieren«, sagte der 60-Jährige in Anspielung auf die Kennzeichnung von im Westjordanland und auf den Golanhöhen hergestellten israelischen Produkten durch die EU.

schlüsselrolle Der Streit mit Brasilia ist keineswegs unbedeutend. Brasilien spielt als wirtschaftlich stärkstes Land Südamerikas sowie als moderate Stimme gegenüber sich deutlich populistischer gebärdenden südamerikanischen Staaten wie Venezuela oder Ecuador eine Schlüsselrolle in Israels Außenpolitik – nicht zuletzt, um Irans Einfluss in der Region zu begrenzen. Zudem beherbergt es nach Argentinien mit mehr als 150.000 Mitgliedern die zweitgrößte jüdische Gemeinde Südamerikas.

Die spricht in dem Disput keineswegs mit einer Stimme. Mehr als 1500 Brasilianer jüdischer und nichtjüdischer Herkunft unterzeichneten in der vergangenen Woche eine Pro-Dayan-Petition, nachdem rund 200 Juden in einem Schreiben an Mitglieder des brasilianischen Kongresses den designierten Botschafter ablehnten. Zahlreiche Parlamentarier und mehr als 40 brasilianische Organisationen sprachen sich ebenfalls gegen die Ernennung Dayans als Verkörperung der israelischen Siedlungspolitik aus. Die Fronten scheinen verhärtet.

Gerichtsurteil

Haftstrafen für Gewalt gegen Israelis in Amsterdam

In digitalen Chat-Gruppen war der Anklage zufolge zu einer »Jagd auf Juden« aufgerufen worden

 24.12.2024

Kanada

Jüdische Mädchenschule in Toronto zum dritten Mal beschossen

Auch im vermeintlich sicheren Kanada haben die antisemitischen Angriffe extrem zugenommen - und richten sich sogar gegen Kinder

 23.12.2024

Bulgarien

Kurzer Prozess in Sofia

Der jüdische Abgeordnete Daniel Lorer wurde von seiner Partei ausgeschlossen, weil er nicht zusammen mit Rechtsextremisten stimmen wollte

von Michael Thaidigsmann  23.12.2024

Großbritannien

Gerechtigkeit und jüdische Werte

Sarah Sackman wurde als frisch gewählte Abgeordnete zur Justiz-Staatsministerin ernannt

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  23.12.2024

Spanien

Tod in den Bergen

Isak Andic, Gründer der Modekette Mango und Spross einer sefardischen Familie aus der Türkei, kam bei einem Familienausflug ums Leben

von Michael Thaidigsmann  23.12.2024

Australien

»Juden raus«-Rufe vor Parlament in Melbourne

Rechtsextremisten haben vor dem Regionalparlament in Melbourne antisemitische Parolen skandiert

 23.12.2024

Guatemala

Rund 160 Kinder vor ultraorthodoxer Sekte gerettet

Laut Behördenangaben wurden auf dem Gelände von »Lev Tahor« mutmaßliche sterbliche Überreste eines Kindes gefunden

 22.12.2024

Analyse

Putins antisemitische Fantasien

Der russische Präsident ist enttäuscht von der jüdischen Diaspora im Westen und von Israel

von Alexander Friedman  22.12.2024

Diplomatie

Israel und Irland: Das Tischtuch ist zerschnitten

Politiker beider Länder überhäufen sich mit Vorwürfen. Wie konnte es so weit kommen?

von Michael Thaidigsmann  18.12.2024