Nächstes Jahr in Jerusalem: Mit dieser traditionellen wie hoffnungsvollen Prophezeiung haben rund 3000 Juden beim weltweit wohl größten Pessachseder in der äthiopischen Stadt Gondar das Pessachfest begonnen.
Für einige von ihnen könnte es bald schon »dieses Jahr in Jerusalem« heißen. Fünf, zehn, gar 20 Jahre haben die Menschen in Äthiopien darauf gewartet, Alija zu machen. 1300 von ihnen sollen noch in den kommenden Monaten zu ihren Familien und Freunden nach Israel ziehen können. In den darauffolgenden Jahren sollen dann jeweils 1300 weitere folgen.
FalaschMura Es ist umstritten, ob sie tatsächlich die Anforderungen für die Immigration nach Israel erfüllen. Denn die Vorfahren der noch in Äthiopien lebenden Juden sind vor gut 100 Jahren zum Christentum konvertiert, teilweise unter Zwang oder großem Druck.
Falaschmura werden sie deshalb heute genannt. Doch Rabbi Menachem Waldman und andere Befürworter der Einwanderung hören diesen Begriff nicht gerne. Sie sprechen lieber vom »Rest der äthiopischen Juden«.
Aber dieser Rest hat laut dem israelischen Rückkehrgesetz zunächst keinen automatischen Anspruch darauf, nach Israel einzuwandern. Für Waldman ist das paradox: »Nach jüdischem Recht sind sie Juden, wenn die Mutter jüdisch war. Egal, ob die Großeltern zum Christentum konvertiert sind oder nicht.« Schwieriger wird es in den Fällen, in denen nur die Familie des Vaters jüdisch war. »In Äthiopien wird die Religion aber immer über den Vater vererbt«, so Rabbi Waldman.
Familie Offiziell war die Einwanderung der Äthiopier bereits im Jahr 2013 abgeschlossen, die Jewish Agency verkündete damals das Ende und schloss ihre Vertretung in Äthiopien. Ende 2015 dann ein neuer Hoffnungsschimmer: Die israelische Regierung entschied, die 9000 noch Wartenden nach Israel zu holen – dorthin, wo die meisten von ihnen Eltern, Geschwister, Kinder und andere Familienmitglieder haben, die im Zuge der vergangenen Einwanderungswellen auseinandergerissen wurden.
Noch leben sie in Transitlagern in der Hauptstadt Addis Abeba und im Norden des Landes, in Gondar. »50.000 haben sich vor Jahrzehnten auf den Weg aus ihren Dörfern hierher gemacht«, erklärt Rabbi Waldman. Sie dachten, dass es von dort weiter geht nach Israel. Das war aber nur für einen Teil von ihnen der Fall. Diejenigen, die es nach Israel geschafft haben, warten seither auf den Nachzug ihrer Familien.
Lesen Sie mehr dazu in unserer Printausgabe am 28. April.