Irak/Iran

Die vergessene Geisel

Ein Screenshot aus dem Video der Entführer Foto: Screenshot

Während der menschenfreundliche Teil der Weltbevölkerung um das Leben der israelischen Geiseln bangt, die die Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 nach Gaza verschleppt hat, und sich über jede Freilassung freut, droht eine andere israelische Geisel in Vergessenheit zu geraten. Vor genau zwei Jahren, am 21. März 2023, wurde Elizabeth Tsurkov in Bagdad entführt.

Seitdem kämpfen ihre Angehörigen um ihre Rückkehr. »Ich freue mich so sehr für die Familien«, sagte ihre Schwester Emma Tsurkov im Gespräch mit »Forward« über die Geiselfreilassungen in Israel. »Es war so ermutigend zu sehen, dass es möglich ist«, aber natürlich sei sie auch »zutiefst neidisch, denn ich würde gern einen ähnlichen Moment erleben«.

Elizabeth Tsurkov wurde 1986 in St. Petersburg geboren und kam im Alter von vier Jahren nach Israel. Sie besitzt einen russischen und einen israelischen Pass. 2023 war sie als Doktorandin der US-Universität Princeton zu Forschungszwecken in den Irak gereist. Die damals 36-Jährige arbeitete am New Lines Institute for Strategy and Policy, einer Denkfabrik für Außenpolitik. Sie spricht Arabisch und hat sich seit Jahren für Flüchtlinge, Folter-, Kriegs- und Vertreibungsopfer engagiert. Sie sei mit ihrem russischen Pass eingereist, heißt es. Für ihre Recherchen wollte Tsurkov einen schiitischen Geistlichen interviewen. Doch dann sei bekannt geworden, dass sie auch die israelische Staatsangehörigkeit hat – und die Terroristen schlugen zu.

Lesen Sie auch

Nach drei Monaten schrecklicher Ungewissheit beschuldigte schließlich Israels Premier Benjamin Netanjahu die pro-iranische Schiitenmiliz Kataib Hisbollah, Tsurkov entführt zu haben, was die Terroristen jedoch abstritten. Weitere drei Monate später wurden die Befürchtungen der Familie bestätigt. Denn nach dem 7. Oktober verbreitete die Terrormiliz ein Video, das Tsurkov zeigte, in dem sie – offensichtlich unter Druck – behauptet, für die CIA und den Mossad zu arbeiten, was einem Bericht von »Ynet« zufolge selbst irakische Insider als »Unsinn« bewerteten. Die Regierung in Bagdad hielt sich dagegen die ganze Zeit bedeckt. Erst im Januar 2025 erklärte man, dass Tsurkov am Leben sei und man alles für ihre Befreiung tue.

Dann wird es widersprüchlich. Mal behaupten die Verantwortlichen, nicht zu wissen, wer die Frau entführt hat. Dann erklärt man, dass die Miliz nicht kooperiere. Iraks Regierung »spiele Spielchen«, nennt es Emma Tsurkov. Iraks plötzliches Interesse ist wohl auch auf den erhöhten Druck der US-Regierung zurückzuführen.

Die Terroristen sollen 200 Millionen Dollar gefordert haben

Israelische Medien zitierten nun hochrangige irakische Beamte, die gesagt hätten, dass Tsurkov am Leben sei, aber möglicherweise in den Iran verschleppt wurde. Die größte arabische Zeitung »Sharq Al-Awsat« berichtete wiederum, dass die Terroristen ein Lösegeld von 200 Millionen Dollar gefordert hätten, dessen Zahlung die US-Regierung abgelehnt habe. Mittlerweile ist auch Trumps bisheriger Sonderbeauftragter für Geiselangelegenheiten, Adam Boehler, in den Irak gefahren. »Die Trump-Regierung hat in nur wenigen Wochen mehr getan als die vorherige Regierung in fast zwei Jahren«, wird Emma Tsurkov in einem Reuters-Bericht zitiert.

Immerhin habe sich der Tonfall in den irakischen sozialen Medien bereits geändert, berichtet »Ynet«. Elizabeth Tsurkov werde dort nicht mehr als »zionistische Spionin« oder »CIA-Agentin« bezeichnet, sondern als »die israelische Forscherin, die mit einem russischen Pass in den Irak eingereist ist und damit das Einreiseverbot für israelische Staatsbürger ignoriert hat«. Für die Familie zählt jeder Strohhalm. Emma Tsurkov betont: »Ich weiß, dass sie mir vertraut, dass ich sie da raushole.«

Schweiz

Trauer um eine »Macherin«

Die Zürcher Verlegerin und Mäzenin Ellen Ringier ist im Alter von 73 Jahren verstorben. Ein Nachruf

von Peter Bollag  24.03.2025

New York

Von Gera nach New York

Der Journalist Max Frankel, früherer Chefredakteur der New York Times, ist tot. Er wurde 94 Jahre alt

 24.03.2025

New York

Für immer Carrie: Sarah Jessica Parker wird 60

Als Sex-Kolumnistin Carrie Bradshaw in »Sex and the City« wurde Sarah Jessica Parker zum Weltstar. Jetzt feiert »SJP« ihren runden Geburtstag

von Christina Horsten  24.03.2025

Orléans

Rabbiner geschlagen und gebissen

Der Täter flieht, wenig später wird ein junger Verdächtiger festgenommen – Präsident Macron verurteilt Angriff auf Rabbiner

 23.03.2025 Aktualisiert

Hollywood

Freizügig in »Little Odessa«

Der mehrfach Oscar-prämierte Film »Anora« rückt neben dem Jungstar Mark Eydelshteyn auch New Yorks russisch-jüdischen Stadtteil Brighton Beach ins Rampenlicht

von Sarah Thalia Pines  23.03.2025

Luxemburg

Verlorenes Paradies?

Der einstige Zufluchtsort ist bedrohlich geworden. Wie unser Autor auf seine Heimat blickt

von Mark Feldon  22.03.2025

Amsterdam

Wieder Urteile gegen »Judenjagd«-Teilnehmer

Nach der brutalen Jagd auf israelische Fußballfans in der Hauptstadt der Niederlande im November 2024 sind wieder Urteile gegen die Angreifer gefallen

 21.03.2025

Großbritannien

BBC: Besserung bis Pessach?

Das Board of Deputies of British Jews drängt auf Änderungen bei der Nahostberichterstattung des Senders

 21.03.2025

Interview

»Musik ist heilsam«

Der israelische Star-Mandolinist Avi Avital über seine neue Tournee, den Frühling und das intensivste Konzert seiner Karriere

von Nicole Dreyfus  20.03.2025