Frankreich

Die Leiche im Kanal

Froschmänner auf Spurensuche Foto: lepost

Im Pariser Vorort Bobigny wurde am 1. April der Leichnam eines Sicherheitsmannes aus einem Kanal geborgen. Der aus Marokko stammende Mann war am Abend zuvor mit jüdischen Kunden des Baumarktes, bei dem er angestellt war, in Streit geraten. Diese sollen schließlich dessen tödlichen Sprung ins Wasser verursacht haben.

Es ist halb acht Uhr abends, als Saïd Bourarach wie gewöhnlich den Parkplatz des Geschäftsgeländes verriegelt. Genau in dem Moment kommt ein Auto angefahren. Darin sitzt ein junges Pärchen, das unbedingt noch in den Baumarkt gelassen werden möchte. Doch Bourarach verweigert ihnen den Einlass mit dem Hinweis auf den Ladenschluss. Daraufhin kommt es zwischen den beiden Männern zum Streit.

Gewalt Im Laufe der Auseinandersetzung fordert der abgewiesene Kunde per Handy Verstärkung an. Kurz darauf erscheinen vier weitere Männer, die auf den Wachmann losgehen. Als dieser versucht zu fliehen, jagen sie ihm nach. Am darauffolgenden Tag wird Saïd Bourarach tot aus dem nahe gelegenen Kanal geborgen. Gegen vier der fünf Männer, die der Polizei wegen Gewalttätigkeit bereits bekannt sind, wurden Ermittlungen eingeleitet. Nach der Freundin des Kunden wird noch gesucht. So weit die Fakten.

Was die Einzelheiten des Tathergangs betrifft, gibt es zwei Hauptversionen. Der jüdische Kunde behauptet, er sei von dem arabischstämmigen Wachmann beleidigt worden, daraufhin ausgerastet und hätte vier weitere Männer zwischen 19 und 25 Jahren zur Verstärkung angefordert. Bourarach sei nach einer kurzen Verfolgungsjagd von sich aus ins Wasser gesprungen.

Augenzeugen berichten dagegen, dass sie keinerlei antisemitische Äußerungen vernommen hätten. Die Witwe des verstorbenen Vaters zweier Kinder sowie Verwandte und Freunde haben den 35-Jährigen als freundlichen und toleranten Menschen beschrieben, der auch jüdische Freunde gehabt haben soll.

Beileid Sammy Ghozlan, der Vorsitzende des Rates der jüdischen Gemeinde der Region Seine-Saint-Denis, hat der Familie einen Tag nach Bergung der Leiche persönlich sein Beileid ausgesprochen. Er verurteilte die Tat scharf: »Diese jungen Männer tragen Gewalt und Hass in sich. Auch wenn sie zur jüdischen Gemeinde gehören, wollen wir mit solchen Leuten nichts zu tun haben.« Ghozlan bedauert, dass verschiedene Organisationen das Ganze als rassistisches Verbrechen darstellen. »Das führt nur dazu, dass die eine Gemeinschaft gegen die andere aufgehetzt wird.«

Die jüdische Organisation Union juive française pour la Paix kritisierte in einer Pressemitteilung das Schweigen staatlicher Stellen sowie der Medien zu dem Fall und bezeichnete das Verhalten als Provokation. Derartige Kritik kommt auch von der arabischen Gemeinschaft und alternativen Internetmedien in Frankreich. Von zweierlei Maßstäben ist die Rede. Wäre ein jüdischer Angestellter von Arabern zu Tode gehetzt worden, hätten die Medien groß darüber berichtet. Sind die Angreifer Juden und das Opfer ein Araber, sehe die Lage anders aus, so die Meinung vieler Internet-User.

vorwürfe Die Ehefrau des verstorbenen Wachmanns hat unterdessen schwere Vorwürfe gegen den Arbeitgeber ihres Mannes erhoben. Dieser lehne es ab, den Vorfall als Arbeitsunfall zu betrachten, obwohl es zu dem Angriff kam, während Saïd Bourarach seiner Beschäftigung nachging und den Kunden wegen Ladenschluss vorschriftsmäßig am Betreten des Baumarkts hinderte. Der Witwe zufolge habe man ihr Geld geboten, wenn sie akzeptiere, dass es kein Arbeitsunfall gewesen sei. Bei einer Kundgebung machte sie ihrem Ärger Luft: »Was denken die sich eigentlich? Glauben sie, dass ich meinen Mann verkaufe?«

Die Ermittlungen dürften noch einige Monate dauern. Die Frage, ob dem Angriff nun tatsächlich antisemitische Äußerungen vonseiten des Wachmanns vorausgegangen sind oder nicht, wird aber wohl auch im Laufe des Verfahrens nicht eindeutig geklärt werden können.

Sport

Nach Anti-Israel-Eklat: Jetzt sprechen die Schweizer Fechter

Bei der Nachwuchs-EM der Fechterinnen und Fechter kommt es in Estland zu einer viel diskutierten Szene. Nun haben sich die verantwortlichen Schweizer erklärt

 28.04.2025

Fecht-EM

Schweizer Fechter schauen bei israelischer Hymne demonstrativ weg

Nachdem die U23-Mannschaft der Schweizer Fechter gegen Israel protestierte, äußert sich nun der Schweizer Fechtverband und verurteilt den Vorfall

von Nicole Dreyfus  28.04.2025

Großbritannien

Israelfeindliche Aktivisten stören London-Marathon

Mitten im London-Marathon kommt es zu einer Protestaktion gegen Israel. Zwei Aktivisten springen auf die Strecke und streuen rotes Pulver

 27.04.2025

Essay

Wir gehen nicht allein

Zum ersten Mal hat unsere Autorin mit dem »Marsch der Lebenden« das ehemalige KZ Auschwitz besucht. Ein Versuch, das Unvorstellbare in Worte zu fassen

von Sarah Maria Sander  27.04.2025

Frankreich

Serge Klarsfeld: »Wir müssen vorbereitet sein«

Der Holocaust-Überlebende und Nazi-Jäger hat in »Le Figaro« einen dringenden Appell veröffentlicht und erneut für rechte Parteien geworben. Das Judentum sei bedrohter denn je, glaubt er

 25.04.2025

USA

Sharon Osbourne vs. die Anti-Israel-Popkultur

Rock-Veteranin Sharon Osbourne hat sich mit dem irischen Rap-Trio Kneecap angelegt, das offensichtlich meint, mit Hassrede gegen Israel seine Fanbase vergrößern zu können

von Sophie Albers Ben Chamo  25.04.2025

KZ-Gedenkstätte Auschwitz

Israels Präsident Isaac Herzog und Eli Sharabi beim »Marsch der Lebenden«

Auf dem Weg von Auschwitz nach Birkenau sind diesmal auch ehemalige israelische Geiseln der Hamas dabei. Israels Präsident Herzog erinnerte an die weiterhin in Gaza gefangen gehaltenen israelischen Geiseln

 24.04.2025

Griechenland

Restauration des Grauens

In Thessaloniki werden zwei Eisenbahnwaggons aus der Nazizeit restauriert. Zur Erinnerung daran, was 50.000 Menschen angetan wurde

von Wassilis Aswestopoulos  24.04.2025

Tod von Papst Franziskus

Warum Israels Regierung nicht kondoliert hat

Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  23.04.2025