Frau Stixová, einer der Höhepunkte in Ihrem Gemeindeleben der jüngeren Zeit war die Wiedereröffnung der Alten Synagoge von Pilsen. Sind Sie mit den Besucherzahlen zufrieden?
Um ehrlich zu sein: Ich habe mehr Besucher erwartet. Die Synagoge ist ja Teil eines landesweiten Museumsprojekts, bei dem zehn jüdische Gebäude in ganz Tschechien zu einer dezentralen Ausstellung verbunden werden. Aber wenn wir erst bekannter werden, dann kommen sicher auch mehr Interessenten.
Haben Sie eine konkrete Zahl, wie viele Besucher bislang da waren?
Nein. Wir ziehen jetzt die Bilanz des abgelaufenen Jahres, da ist es für neue Zahlen noch zu früh.
Eine gute Gelegenheit, bekannter zu werden, könnte das neue Jahr sein, in dem Pilsen europäische Kulturhauptstadt ist.
Wir versuchen ganz unabhängig davon, uns der Öffentlichkeit zu präsentieren. Daran ändert sich durch das Programm des Kulturhauptstadtjahres 2015 nichts. Aber sicherlich kommen in den nächsten Monaten mehr Besucher nach Pilsen – auf jeden Fall. Im April veranstalten wir bei uns in der Alten Synagoge zum Beispiel ein Konzert. Wir nennen es »Licht der Verständigung« – es ist allen gewidmet, die in den Konzentrationslagern umgekommen sind.
Welche Funktion hat denn die renovierte Synagoge für das Leben Ihrer Gemeinde?
Ach, wir sind ja nur noch 119 Mitglieder. Wir halten in der Alten Synagoge unsere Gottesdienste – die Feiertage begehen wir dort, auch den Schabbat feiern wir da. Es ist auf jeden Fall gut, dass wir sie wieder nutzen können, denn in der Großen Synagoge hat es tragisch ausgesehen, wenn wir da mit so wenigen Betern versammelt waren.
Die Große Synagoge steht nur ein paar Hundert Meter entfernt …
… und sie ist die zweitgrößte in Europa und die drittgrößte der Welt! Darauf sind wir stolz, das ist eine besondere Ehre für uns. Deshalb pflegen wir sie sehr gut und zeigen sie den Besuchern – natürlich auch in diesem Jahr, wenn die Kulturhauptstadtgäste kommen.
Ist Ihre Gemeinde außer durch das erwähnte Konzert in das Kulturhauptstadtprogramm eingebunden?
Nein, aber natürlich engagieren wir uns. Denken Sie zum Beispiel an unseren Garten der Erinnerung: Den haben wir als Gedenkort hinter der Alten Synagoge angelegt. Darin liegen viele weiße Steine, auf jedem steht der Name eines Pilsener Opfers des Nationalsozialismus. Als sich die Jury bei der Vergabe der Kulturhauptstadtwürde diesen Garten anschaute, bekam Pilsen dafür die höchste Punktzahl. Aber dass wir uns darüber hinaus im Programm engagieren – da hat sich bislang nichts angeboten.
Was sind für Sie die nächsten großen Aufgaben – jetzt, wo Ihre Alte Synagoge wieder im alten Glanz erstrahlt?
Als Nächstes nehmen wir uns das alte Rabbinerhaus vor. Dort wollen wir ein Schulungszentrum einrichten und eine Übernachtungsmöglichkeit für die Lehrer, die nach Pilsen reisen, um unsere Gemeindemitglieder zu unterrichten. Die Bauarbeiten sind also noch lange nicht zu Ende.
Mit der Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Pilsen sprach Kilian Kirchgeßner.