In der Schule galt Janet Yellen als »Nerd«, und noch heute warnt sie Dinnergäste, dass es an ihrem Tisch oft intellektuelle Debatten gebe. In der High School hatte sie immer die besten Noten. Und an der Eliteuniversität Yale, wo sie in Wirtschaftswissenschaften promovierte, waren ihre Seminaraufzeichnungen bei Kommilitonen sehr gefragt.
Yellen ist die erste Frau, die die Federal Reserve leiten wird. US-Präsident Barack Obama hat die 67-Jährige vergangene Woche nominiert, der Senat muss noch zustimmen. Das gilt als wahrscheinlich, wenngleich einige Republikaner Bedenken haben. Yellen wird wohl die Politik ihres Vorgängers Ben Bernanke fortsetzen, dessen Stellvertreterin sie bislang ist.
familie Die Kandidatin stammt aus einer jüdischen Familie und wurde im New Yorker Stadtteil Brooklyn geboren. Ihre Mutter Anna unterrichtete Pfadfinder und lehrte sie die Liebe zur Literatur; Yellens Vater Julius war Arzt. Auch nach drei Jahrzehnten in Kalifornien – sie lehrte zunächst in Berkeley, war danach Präsidentin der Federal Reserve Bank in San Francisco – hört man ihr den Brooklyner Akzent noch an.
Zwar komme Yellen aus dem Stadtteil, der Woody Allen und Barbra Streisand hervorgebracht hat, aber ihre Familie sei nie sonderlich religiös gewesen, schrieb die Financial Times. Yellen und ihr Mann, der Wirtschaftsnobelpreisträger George Akerlof, der ebenfalls Professor in Berkeley war, gehörten der dortigen Reformgemeinde »Beth El« an. Ihr Sohn Robert besuchte den gemeindeeigenen Kindergarten.
Bill Clinton Für Wirtschaft interessierte sich Yellen schon früh. Als Studentin in Yale hörte sie James Tobin reden, den durch die »Tobin Tax« bekannten Nobelpreisträger, eine – nie verwirklichte – Steuer auf internationale Finanzspekulationen. Tobin lobte sie später: Yellen habe die Gabe, komplizierte Argumente einfach zu erklären. »Die Kraft ihrer Argumente überrascht«, schrieb auch Binyamin Appelbaum in der New York Times. Nach der Promotion in Yale lehrte Yellen in Harvard und an der London School of Economics. Der Politik steht Yellen nicht fern: Die Demokratin leitete von 1997 bis 1999 den Wirtschaftsbeirat von Präsident Bill Clinton.
Zu den Fragen, die Ökonomen nun stellen, gehört, ob Yellen in die Fußstapfen ihrer Vorgänger Ben Bernanke und Alan Greenspan tritt und die Politik des »leichten Geldes« fortsetzen wird. Andere wichtige Punkte sind Leitzinsen und Inflationsraten. Yellen machte sich einen Namen, als sie eine Inflationsrate von zwei Prozent als Leitziel der Federal Reserve durchsetzte, denn das dämpfe die Arbeitslosigkeit, meinte sie, und zu viele Amerikaner hätten heute Probleme, ihre Rechnungen zu bezahlen. Auch möchte sie mehr Transparenz. Sie findet, die Öffentlichkeit müsse verstehen, was die Federal Reserve tue. Und noch etwas handhabt sie anders als ihre Vorgänger: Sie isst in der Kantine zu Mittag – um auch mal Angestellte zu treffen. So lernte sie einst ihren Mann kennen.
Janet Yellen hat sich übrigens auch mit Deutschland beschäftigt: Zusammen mit ihrem Mann schrieb sie ein Papier für das liberale Brookings Institute über die Auswirkungen der Währungsunion 1990 und warum diese zu einer Depression geführt habe. Ihr Lösungsvorschlag damals: staatlich subventionierte höhere Löhne. Dazu wird es wohl aber auch in Amerika in absehbarer Zeit kaum kommen.