Es war der große Traum von Gerson Bergher: Rio de Janeiro sollte ein Holocaust-Mahnmal bekommen. Dafür hatte er als Stadtrat und Abgeordneter des Bundesstaats Rio de Janeiro mehr als 20 Jahre lang gekämpft. Am Freitag soll auf dem Morro de Pasmado im Stadtteil Botafogo tatsächlich der Grundstein für die Gedenkstätte gelegt werden. Bergher selbst wird nicht dabei sein. Er ist im Mai 2016 mit 91 Jahren gestorben.
Die Nachricht, dass das Mahnmal errichtet werden soll, kam überraschend Anfang dieses Jahres. Rios neuer Bürgermeister Marcello Crivella, der einst Bischof der evangelikalen Igreja-Universal-Kirche war, hatte das Projekt auf seine Agenda gesetzt. Alle waren überrascht: Denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte Crivella kaum nach außen gewirkt. Er schwänzte sogar die Eröffnung des Karnevals.
Gemeinde Auch für die rund 30.000 Mitglieder zählende jüdische Gemeinde Rios kam es überraschend, dass es eine der ersten Amtshandlungen des neuen Bürgermeisters sein
würde, die alte Idee für ein Holocaust-Mahnmal neu zu beleben. Inzwischen wurde eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, um über die Gestaltung des Mahnmals nachzudenken.
Die Arbeitsgruppe umfasst sechs Personen. Eine davon ist Teresa Bergher. Sie ist langjährige Stadträtin von Rio und engagiert sich vor allem für soziale Themen und Menschenrechte. Und sie ist die Witwe von Gerson Bergher. »Es wäre eine große Freude für mich, dieses Projekt, das meinem Mann so am Herzen lag, zu Ende zu bringen«, sagt sie und betont, dass das Mahnmal nicht nur an die sechs Millionen ermordeten Juden erinnern soll, sondern auch an die Schwulen, Behinderten sowie Roma und Sinti, die im Dritten Reich ermordet wurden.
Grobe Pläne für das Mahnmal gibt es bereits: »Auf zwei flachen Podesten soll eine große Säule stehen, bestehend aus zehn Blöcken«, sagt Teresa Bergher. »Sie symbolisieren die Zehn Gebote.« Auf dem untersten, dem Fundament der Säule, soll »Du sollst nicht morden« stehen.
Standort Den Standort hat der Bürgermeister persönlich ausgewählt: Es ist der Morro de Pasmado, am Strand von Botafogo, auf der Grenze zum berühmten Stadtteil Copacabana. Zur einen Seite bietet sich ein traumhafter Blick auf den Zuckerhut. Dreht man sich um, sieht man die Christusstatue auf dem Corcovado. Mehr geht nicht.
Umgerechnet rund zwei Millionen Euro wird das Projekt kosten – Geld, das die Stadt nicht hat, auch wenn der Bürgermeister versucht, das Budget an vielen Ecken zusammenzustreichen. So kündigte er dieser Tage an, die Zuschüsse für Samba-Schulen um 50 Prozent zu kürzen, was diese wiederum zu der Drohung verleitete, die Paraden zum Karneval 2018 ausfallen zu lassen. Das wäre für Rio nicht nur ein touristischer Supergau, es käme einer Bankrotterklärung gleich.
Also soll das Projekt erst dann vollendet werden, wenn die Bausumme an Spenden zusammengekommen ist. Wie lange dies dauern wird, vermag derzeit niemand zu sagen.
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