Donald Trump ärgerte sich gewaltig, als die Mainstream-Medien sich nach dem Abtritt von Präsident Joe Biden voll und ganz Kamala Harris zuwendeten. Doch der einstige Reality-TV-Star hatte eine Gegenstrategie parat und suchte sein Publikum im Universum der Podcaster, eine ihm zugewandtere Sparte. Einer der ersten Podcaster, den Trump beehrte, war Lex Fridman, ein relativ neuer Stern am Podcast-Himmel, doch bereits mit mehr als vier Millionen Abonnenten auf YouTube.
Eine bestimmte Promi-Klientel balgt sich mittlerweile geradezu darum, mit dem in Russland geborenen Sohn einer jüdischen Familie sprechen zu dürfen. In jüngster Zeit waren der umstrittene Rapper Kanye West, der gefallene Hollywoodstar Kevin Spacey und der einstige Fox-News-Moderator Tucker Carlson zu Gast. Sie alle eint, dass sie von den etablierten Medien zunehmend gemieden werden.
Er wolle mit jedem sprechen, sagt der 41-Jährige mit der weichen Stimme. »Ich würde auch mit Hitler reden.« Cancel Culture sei ihm zuwider. Und zum Beweis seiner politischen Neutralität lud Fridman unter anderem den Gründer des sozialistischen Magazins »Jacobin«, Bhaskar Sunkara, ein. Noam Chomsky und Yuval Noah Harari waren auch schon da. Und Mark Zuckerberg und Israels Premier Benjamin Netanjahu. Mit Frauen scheint Fridman allerdings ein Problem zu haben.
Sein Markenzeichen ist es, das Gegenüber einfach reden zu lassen, während er sich neutral und warmherzig zurückhält. So brachte er Trump dazu, zuzugeben, dass er die Wahl 2020 verloren hat. Kanye West, der sicher wusste, dass sein Interviewer Jude ist, ließ er antisemitische Tiraden raushauen. Und Kevin Spacey gab zwar keinen sexuellen Missbrauch zu, redete aber freizügig über seine wilderen Jahre.
Fridman strahlt Glaubwürdigkeit aus. Er ist Wissenschaftler, hat am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) geforscht, trägt stets einen schwarzen Anzug und spricht ruhig und in gesetzten Worten. Neben Persönlichkeiten aus Entertainment und Politik interviewt er auch andere Wissenschaftler. Seine Medienkarriere begann, als er zum Thema »Künstliche Intelligenz für die Identitätsauthentifizierung« promovierte. Damals startete er einen YouTube-Kanal mit Ausführungen zu KI und fernöstlicher Kampfkunst. Ab und zu las er auch selbst geschriebene Gedichte vor. Das schauten sich kaum mehr als ein paar Dutzend Studenten an.
Das MIT hat sich distanziert
Den Durchbruch schaffte Fridman, als er 2019 eine von Kollegen nicht begutachtete Big-Data-Analyse zum Fahrerverhalten veröffentlichte. Mit dem Glaubwürdigkeitssiegel des MIT verbreitete er die Behauptung, dass autonom fahrende Autos sicherer seien als bisher angenommen. Das gefiel Elon Musk, validierte es doch dessen Geschäft mit dem autonomen Fahren. Der Tesla-Chef lud Fridman zum Exklusivinterview. Die Episode brachte Fridman Millionen von Klicks und Musks Freundschaft ein, der seitdem regelmäßig den Podcast teilt. Währenddessen betreibt Fridman in seinen Gesprächen weiterhin Technologie-Optimismus – auch wenn er einmal mit dem Forscher Eliezer Yudkowsky sprach, der KI für das Ende der Menschheit hält.
Das MIT hat sich von der Studie distanziert, und Fridman forscht jetzt »selbstständig« abseits der Universitäten und verbreitet »Liebe«, wie er es nennt. »Wenn man an die Erde als Scheibe glaubt und sich gut damit fühlt, dann ist die Idee, das zu zensieren, lächerlich. Wenn es dabei hilft, dass du die beste Version deiner selbst wirst, solltest du so viel Erdscheibe wie möglich bekommen«, zitiert »Business Insider« aus einem Interview mit Fridman, der seine Kritiker online gern blockt.
Während die Big-Tech-Elite, allen voran Musk, sich zunehmend gegen Linksliberalismus und politische Korrektheit stemmt, reitet Fridman die Welle mit und ist zu einem ihrer Megafone geworden.