»Lassana Bathily – Held des Geiseldramas von Vincennes«, »Malier, Muslim und Judenretter«, »Ein gewöhnlicher Held« – die Geschichte des 24-jährigen muslimischen Angestellten des Supermarkts »Hyper Cacher« in Paris, der durch seine Geistesgegenwart Menschenleben gerettet haben soll, tut dem verwundeten Frankreich gut in diesen Tagen.
Sie ist vielen ein Symbol dafür, dass Muslime und Juden friedlich zusammenleben können. Der illegal nach Frankreich eingewanderte Bathily ist dabei, zu einem Nationalhelden zu werden – auch wenn die Aussagen anderer Geiseln zuletzt Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Geschichte ausgelöst haben.
Kühlkammer Immer und immer wieder erzählt der junge Mann seine Geschichte den Medien. Im Untergeschoss des Supermarkts versteckte er nach eigener Aussage mehrere Menschen in einer Kühlkammer, Schätzungen gehen von etwa sieben Personen aus: »Als sie angerannt kamen, habe ich die Tür aufgemacht. Mehrere Leute sind mit mir hineingegangen. Ich habe das Licht und die Kühlung ausgeschaltet.«
Er habe versucht, die Geiseln davon zu überzeugen, das Gebäude über den Lastenaufzug zu verlassen, sie hätten aber zu viel Angst gehabt. Schließlich gelingt Bathily allein die Flucht nach draußen, wo ihn die Polizei zunächst als Verdächtigen festnimmt. Später hilft er, der das Geschäft perfekt kennt, den Einsatzkräften, den Sturm auf das Gebäude vorzubereiten.
Nachdem Bathilys Geschichte bekannt geworden war, gratulierten ihm hochrangige Politiker. Präsident François Hollande dankte ihm persönlich am Telefon, und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu lobte seinen Mut: »Ich möchte diesem jungen Mann, einem Muslim aus Mali, danken, der dazu beigetragen hat, sieben Juden zu retten«, sagte er.
Bathilys Leben in Frankreich beginnt vor acht Jahren: Er ist 16, als er ohne seine Familie ins Land kommt. Er lernt die fremde Sprache und schließt eine Lehre zum Fliesenleger mit sehr guten Noten ab. Seit vier Jahren arbeitet er bei Hyper Cacher. »Man hat nie irgendwelche Bemerkungen zu meiner Religion gemacht«, sagt er, »der Supermarkt ist für mich wie eine zweite Familie.«
Gerechter Die Ligue de Défense Juive (LDJ) forderte Anfang der Woche, Bathily solle ein »Gerechter unter den Völkern« werden. Diese Auszeichnung verleiht der Staat Israel Nichtjuden, die ihr Leben aufs Spiel setzten, um Juden zu retten.
Die jüdische Webseite Alyaexpress, die sich auf die Aussage einer anderen Geisel stützt, streute allerdings Zweifel am Wahrheitsgehalt von Bathilys Geschichte. Und in einem Interview mit dem israelischen Fernsehen erwähnen zwei weitere Geiseln den Namen Bathily kein einziges Mal.
Nichtsdestotrotz rief Frankreichs jüdische Dachorganisation CRIF (Conseil Représentatif des Institutions juives de France) über Facebook dazu auf, dem folgenden Text zuzustimmen, damit dem jungen Muslim »die Ehre zuteil wird, die er verdient«: »Eine riesige Hommage an Lassana Bathily, muslimischer Angestellter des Hyper Cacher, dem es zu verdanken ist, dass jüdische Geiseln gerettet wurden.«
Die Botschaft erhielt mehr als 31.000 Likes, und fast 9000 Personen haben sie bisher geteilt. »Ein Muslim, der Juden rettet, das ist toll«, schrieb ein Internetnutzer auf der Seite. »Hier hat kein Muslim Juden gerettet, sondern ein Mensch andere Menschen«, schrieb ein anderer. Lassana Bathilys Verhalten sei schlichtweg eines Gläubigen würdig.
Inzwischen wurde eine Online-Petition gestartet: Bathily soll die französische Staatsbürgerschaft erhalten. Beantragt hat er sie seit Langem.