Polen

»Der gute Ruf Polens«

Die israelische Botschafterin in Polen, Anna Azari, verlässt am 27. Juni 2018 mit einem Exemplar der gemeinsamen Erklärung der Ministerpräsidenten Israels und Polens das Büro von Mateusz Morawiecki in Warschau. Foto: dpa

Polens nationalpopulistische Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hat vergangene Woche das sogenannte Holocaust-Zensurgesetz abgemildert. Schoa-Überlebende und ihre Familien sowie Historiker und Journalisten müssen ab sofort nicht mehr fürchten, für ein falsches Wort hinter Gittern zu landen.

Allerdings drohen noch immer hohe Geldstrafen, sollte jemand »faktenwidrig dem Staat Polen oder dem polnischen Volk eine Mitverantwortung am Holocaust zuschreiben«. Die PiS will damit verhindern, dass öffentlich über polnische Judenverräter, sogenannte Schmalzowniks, oder andere Nazi-Kollaborateure diskutiert wird.

Wahrheit Das Zensurgesetz soll weltweit gelten und den »guten Ruf Polens« schützen. Über die jeweilige historische Wahrheit soll allerdings das Institut des Nationalen Gedenkens (IPN) entscheiden, dessen Staatsanwälte der politischen Kontrolle des Justizministers unterworfen sind, der auch Generalstaatsanwalt ist.

Die am IPN beschäftigen Historiker stehen größtenteils der PiS nahe und stützen deren Geschichtsbild von den angeblich sechs Millionen ermordeten Polen, unter denen sich drei Millionen »jüdischer Herkunft« befanden. Vor einigen Jahren noch, als die liberale Bürgerplattform (PO) und die gemäßigte Bauerpartei PSL an der Regierung waren, belegte das Institut mit zwei umfangreichen Forschungsbänden, dass das Pogrom von Jedwabne im Juli 1941 von Polen verübt wurde.

Heute hingegen behauptet der von PiS-Politikern neu ernannte IPN-Direktor, dass das Pogrom auf das Konto der Deutschen gehe, so wie es bis 1989 die in Polen regierenden Kommunisten verbreiteten.

Folgen Unter der PiS-Regierung kann sich die »historische Wahrheit«, die nun durch ein Gesetz geschützt wird, von einem Tag auf den anderen ändern – mit zivilrechtlichen Folgen für jeden, der etwas anderes sagt oder schreibt, als es die neueste Wahrheitsversion gerade vorsieht.

Das erst vor einem halben Jahr von der PiS verabschiedete sogenannte Ho­locaust-Zensurgesetz wirkte kontraproduktiv. So verschlechterten sich die bilateralen Beziehungen Polens zu Israel und den USA dramatisch. Am Ende erarbeitete eine polnisch-israelische Arbeitsgruppe einen Kompromiss: Polen streicht die strafrechtliche Verfolgung aus dem Zensurgesetz, während Israel das Recht Polens auf den »Schutz seines guten Rufs« anerkennt und auch nichts gegen Geldstrafen in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro einzuwenden hat, die demnächst zivilrechtlich eingeklagt werden können.

Das Recht, Klage zu erheben, werden außer dem IPN alle Vereine, Stiftungen und anderen Institutionen haben, die in ihren Statuten die »Verteidigung des guten Rufs Polens« zu einem ihrer Ziele erklärt haben. Es kann also teuer werden, die von der PiS festgelegte aktuelle »Geschichtswahrheit« nicht zu kennen.

USA

Angriff auf Cousin einer ermordeten Geisel

Ariel Yaakov Marciano wurde in Santa Monica angegriffen und geschlagen, weil er Hebräisch sprach

 17.09.2025

Belgien

Gent bleibt hart: Lahav Shani bei Festival weiter unerwünscht

Nach massiver Kritik befasste sich der Verwaltungsrat des Musikfestivals am Montagabend erneut mit der Ausladung der Münchner Philharmoniker. Es blieb bei der Ausladung

von Michael Thaidigsmann  16.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  16.09.2025 Aktualisiert

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Argentinien

Raubkunst in der Immobilienanzeige

Die Tochter eines Naziverbrechers wollte ihre Villa verkaufen und führte Ermittler auf die Spur einer gestohlenen Kunstsammlung

von Andreas Knobloch  13.09.2025

München/Gent

Charlotte Knobloch spricht von »historischem Echo«

Nach der Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Musikfestival meldet sich Charlotte Knobloch mit deutlichen Worten

 11.09.2025

Italien

Jüdisches Touristen-Paar in Venedig attackiert

Die Täter schrien »Free Palestine«, bevor sie die Ehefrau mit einer Flasche attackierten und ihren Ehemann ohrfeigten

 11.09.2025

Georgien

Sicher und schön

Der Kaukasus-Staat pflegt Erbe und Zukunft der Juden. Und bietet atemberaubende Natur. Ein Besuch

von Michael Khachidze  11.09.2025

Belgien

Argerich, Maisky, Schiff empört über Gent-Festival

Bekannte jüdische und nichtjüdische Musiker haben eine Petition gestartet, um gegen die Ausladung der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani zu protestieren

 11.09.2025