Für viele Menschen, die die Glaubens- und Verhaltensregeln strenggläubiger Juden nicht kennen, mag es sich skurril oder komisch anhören – doch für die betroffene orthodoxe Familie ist es eine Tragödie und ein brutaler Anschlag auf das Leben einer Frau: Zwei Wochen nach ihrer orthodoxen Hochzeit in Brooklyn, so berichten es israelische und amerikanische Medien, entdeckte die frisch vermählte Gattin zu ihrem Entsetzen, dass ihr Ehemann ein muslimischer Palästinenser mit libanesischem Pass ist, der sich als Jude ausgegeben habe.
Wie die »Times of Israel« und »Yeshiva World News« berichten, lernte der Mann »sechs bis sieben Jahre« in einer Jeschiwa und nahm als Präsident einer ultraorthodoxen Studentenvereinigung auf dem Campus der texanischen A&M University ab 2018 mehrfach an den Schabbatgottesdiensten der dortigen Chabad-Studentengemeinde teil.
datingseite 2020 traf er die junge sefardische Frau aus Brooklyn auf einer jüdischen Datingseite im Internet und gab sich in der Anbahnung als streng religiös aus. Eliyah Haliwa, so der jüdische Tarnname, taucht auf Fotos im Vorfeld der Hochzeit in traditionellem ultraorthodoxen Outfit auf – allerdings, so die »Times of Israel«, gebe es auch Aufnahmen, die den jungen Mann im Umfeld seiner offensichtlich nichtjüdischen libanesischen Familie zeigen.
Was auch immer die Motive des Ehebetrügers gewesen sein mögen, unbegabt war er anscheinend nicht. Sein Hebräisch war so gut, dass es nicht als in irgendeiner Weise verdachterregend auffiel.
In einem der charedischen Nachrichtenseite »Kikar HaShabbat« zugespielten Video, das allerdings nicht veröffentlicht wurde, soll der Bräutigam laut einem Informanten der Website auf einer Verlobungsfeier »ein Hebräisch gesprochen haben, wie es für Jeschiwa-Studenten üblich ist«.
ZWEIFEL Rabbi Yossi Lazaroff, dem Campus-Rabbiner von Chabad an der Texas A&M University, kam die Sache jedoch von Anfang an nicht koscher vor. In einem Statement auf der Seite chabadinfo.com schreibt er, dass das »Rohr Chabad Jewish Student Center« allen jüdischen Studierenden und auch denen offenstehe, die »das Judentum entdecken« wollen.
Rabbi Lazaroff bestätigt, dass Eliyah Haliwa neben Schabbatgottesdiensten ab 2018 unregelmäßig auch einige Torakurse besucht hat. Als ihn die Familie der jungen Frau, die Haliwa datete, sowie die spätere Braut selbst um eine Einschätzung baten, sagte Lazaroff nach eigenen Angaben, »sein Verhalten entspricht nicht dem eines strenggläubigen Juden«.
Was auch immer die Motive des Ehebetrügers gewesen sein mögen, unbegabt war er anscheinend nicht.
Auch die Rebbetzin Lazaroff, die die Braut in jüdischen Ehegesetzen unterwies, versuchte laut »Times of Israel« einige Male, mit mehreren in die Eheschließung involvierten Rabbinern über ihre Zweifel an dem Bräutigam zu reden, sei aber dort auf taube Ohren gestoßen.
Rabbiner Lazaroff erwähnt dieses Engagement seiner Frau in seinem Statement auf chabadinfo.com nicht. Er sagt, dass ihn Rabbiner Ezra Zafrani, »ein hoch respektierter syrischer Rabbi aus Lakewood, New Jersey«, gefragt habe, ob jener Eliyah jüdisch sei. Lazaroffs Antwort: »Ich habe ihn explizit darüber informiert, dass ich genau dies nicht wüsste.« Die Hochzeit fand statt – die Ehe wurde von Rabbi Ezra Zafranis Sohn, Rabbi David Zafrani, geschlossen. »Und da wir aus anderen Gründen gerade in New York waren, fragte uns David Zafrani, ob wir an der Hochzeit teilnehmen wollten«, so Lazaroff.
KETUBA Da der Bräutigam – aus heutiger Sicht wenig überraschend – ohne Familie erschien, führten ihn die Lazaroffs zur Chuppa. Rabbi Lazaroff unterschrieb später dann noch die Ketuba, den Ehevertrag – »in der festen Überzeugung, dass Ezra und David Zafrani alle ihre Pflichten erfüllt hätten, zu bestätigen, dass der Bräutigam jüdisch ist«.
Doch das hatten sie nicht. Und so war es die frischgebackene Ehefrau, die schon nach kurzer Zeit des Zusammenlebens misstrauisch wurde. Ihre Brüder schauten sich in der Wohnung ihres neuen Schwagers Eliyah um – und fanden gleich drei Pässe.
Nun ermitteln das FBI und Antiterrorexperten gegen den Libanesen, der sich nach eigenen Angaben vom Judentum angezogen fühle und deshalb immer Ja gesagt habe, wenn man ihn um eine Bestätigung dazu bat. Für Außenstehende ist es eine Köpenickiade – doch lässt sie alle Seiten schwer beschädigt zurück und kann deswegen auch nicht komisch sein.