Mehr als 1000 Menschen haben am Sonntag in Stockholm mit einer »Kippawanderung« gegen den zunehmenden Antisemitismus in Schweden demonstriert. »Dieser Marsch sendet eine wichtige Botschaft«, sagte die Vorsitzende der jüdischen Dachorganisation des Landes, Lena Posner-Körösi. Sie lobte führende Politiker dafür, dass sie sich mitten im Wahlkampf – am 14. September wird über ein neues Parlament abgestimmt – Zeit nahmen, an der Demonstration teilzunehmen.
Integrationsminister Erik Ullenhag sagte bei der Veranstaltung: »In den vergangenen Jahren hat die jüdische Gemeinde Schwedens sich etwas einsam gefühlt, vor allem wenn sie kollektiv für Israels Aktionen verantwortlich gemacht wurde. Heute sind wir hier, um unserer jüdischen Minderheit zu zeigen, dass wir sie unterstützen.«
Anschläge Die Protestveranstaltung folgte einer Reihe antisemitischer Anschläge und Zwischenfälle in den vergangenen Wochen. So wurden Anfang August die Fenster der Synagoge in Malmö eingeworfen, Hakenkreuze an Wohnungen und Geschäfte von Juden geschmiert sowie Gemeindemitglieder auf der Straße beleidigt und angegriffen.
An dem »Kippamarsch«, den die Stockholmer jüdische Gemeinde organisiert hatte, nahmen auch der Geschäftsführer des Jüdischen Weltkongresses, Robert Singer, sowie Israels Botschafter in Stockholm, Isaac Bachmann, teil.
Die Organisatoren der Kippawanderung hatten im Vorfeld ausdrücklich darum gebeten, israelische Flaggen zu Hause zu lassen. »Natürlich ist Israel Teil unserer Kultur. Doch jetzt geht es vor allem darum, für unsere Rechte als schwedische Juden einzutreten«, sagte Victor Borslëv, der Vorsitzende des jüdischen Jugendverbands in Schweden. Er gehörte zu den Hauptorganisatoren der Veranstaltung.
Null Toleranz Auch in London versammelten sich am Sonntag jüdische Gruppen, um zu demonstrieren. Vor dem Royal Court of Justice kamen rund 3000 Menschen mit britischen und Israelflaggen zusammen und riefen dazu auf, »Antisemiten nicht zu tolerieren«.
Wie in Schweden und anderen europäischen Ländern ist auch in Großbritannien seit Beginn des Gazakriegs im Juli die Zahl antisemitischer Zwischenfälle gestiegen. »Britische Juden haben Angst«, sagte Jonathan Sacerdoti von der erst kürzlich gegründeten Campaign Against Anti-Semitism (CAAS) in einer Erklärung. »Die Bürger schauen auf Polizei und Regierung und warten darauf, dass die Gesetze mit null Toleranz für Antisemitismus durchgesetzt werden, wie dies auch in anderen Fällen von Rassismus geschieht.« Nur so lasse sich die Welle von Antisemitismus stoppen.
Großbritanniens Oberrabbiner Ephraim Mirvis lobte die »Graswurzel-Aktivisten«, die die Veranstaltung organisiert hatten, und sagte zu den Demonstranten: »Antisemitismus ist nicht nur für Juden giftig, sondern für die gesamte Menschheit. Weil wir das Glück haben, in einem Land zu leben, in dem der Kampf gegen Antisemitismus von unserer Regierung geführt wird, haben wir die kollektive Verantwortung, sicherzustellen, dass Judenhass in unserer Gesellschaft nicht toleriert wird.« ja