Marseille

Debatte um Kippa-Verzicht

In der jüdischen Gemeinde der südfranzösischen Hafenstadt Marseille diskutiert man nach dem Angriff auf einen Lehrer am Montag, ob es ratsam sei, angesichts der Gewalt auf das Tragen der Kippa zu verzichten.

Der Präsident des für religiöse Angelegenheiten zuständigen örtlichen Consistoire, Zvi Amar, regte laut Medienberichten an, Juden sollten »in diesen unruhigen Zeiten« besser keine Kippa tragen, denn der Schutz des Lebens sei heilig.

Die Präsidentin der lokalen jüdischen Dachorganisation CRIF, Michele Teboul, widersprach ihm jedoch. Sie erklärte, der Verzicht auf die Kippa bedeute, »aufzuhören, jüdisch zu sein« und würde »das Rad der Geschichte um Hunderte Jahre zurückdrehen«. Teboul betonte zudem, Juden seien schon viel länger im Land als Muslime.

Auch Frankreichs Oberrabbiner Haim Korsia hält nichts davon, auf die Kippa zu verzichten. Per Twitter warnte er vor allzu emotionalen Reaktionen.

Machete
Am Montag hatte in Marseille ein 15-jähriger Türke mit kurdischen Wurzeln einen 35-jährigen jüdischen Lehrer, der eine Kippa trug, laut Behörden auf offener Straße mit einer Machete angegriffen und an der Schulter sowie am Arm verletzt. Die Sefer Tora, die er schützend vor sich hielt, bewahrte den Lehrer vor schlimmeren Verletzungen. Der Jugendliche berief sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft von Marseille auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Er will »im Namen Allahs« gehandelt haben. Bevor der Jugendliche am Mittwoch einem Untersuchungsrichter vorgeführt wurde, soll er französischen Medien zufolge zu Polizisten gesagt haben, er bereue die Tat nicht. Vielmehr sei er stolz darauf. Er bedauere es, dass es ihm nicht gelungen sei, den Lehrer zu töten.

Bereits im November war in Marseille ein jüdischer Lehrer mit einem Messer angegriffen und verletzt worden. Die Angreifer riefen antisemitische Parolen und präsentierten ihrem Opfer ein T-Shirt mit IS-Logo. Wenige Wochen zuvor hatte in Marseille ein junger Mann einen Rabbiner, dessen 19-jährigen Sohn und einen weiteren Beter durch einen Messerangriff verletzt hat. Damals hatten Medien berichtet, der Angreifer sei psychisch gestört.

Regierung
Unterdessen versprach Premierminister Manuel Valls, hart gegen all jene vorzugehen, »die unsere republikanische Einheit gefährden«. Valls schrieb auf Twitter, er sei »angewidert« von der »antisemitischen Aggression«.

Auch der Präsident des jüdischen Dachverbands (CRIF), Roger Cukierman, zeigte sich bestürzt und schockiert von den Angriffen. Er beklagte die anhaltende Gewalt gegen Juden in Frankreich

Mord Am Dienstag wurde der französisch-jüdische Lokalpolitiker Alain Ghozland in einem Vorort von Paris tot aufgefunden. Laut Medienberichten wurde die Leiche, die mit Stichwunden übersät war, in seiner Wohnung entdeckt. Die Zeitung L’Express berichtete, es sei von einem Mord an dem Stadtrat aus Creteil auszugehen. Die Polizei hat aber bisher keine heiße Spur. Am Mittwochmorgen soll der Leichnam obduziert werden.

In Creteil, etwa zehn Kilometer von der Pariser Innenstadt entfernt, war im Dezember 2014 ein jüdisches Paar überfallen und ausgeraubt worden. Die Opfer sagten damals, sie seien angegriffen worden, weil sie Juden sind.

Türkei

Berichte: Türkische Polizei verhaftet Mann, der Anschläge auf Juden plante

Der Tatverdächtige soll Befehle vom Islamischen Staat erhalten haben

 21.02.2025

London

Fasten und Beten gegen säkulare Bildung

Die ultraorthodoxe Gemeinde fürchtet die staatliche Kontrolle ihrer Schulen. Andere Juden finden gerade dies dringend nötig

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  17.02.2025

Meinung

Wie das Ende eines Alptraums, der fünf Jahre gedauert hätte

Alon Ishay ist erleichtert, dass die Koalitionsgespräche der FPÖ vorerst gescheitert sind

von Alon Ishay  17.02.2025

USA

Die Hoffnung von San Francisco trägt Levi’s-Jeans

Dem beliebten Touristenziel geht es schlecht. Der Millionenerbe und Philanthrop Daniel Lurie soll es richten. Er ist der vierte jüdische Bürgermeister Westküstenmetropole

von Sarah Thalia Pines  16.02.2025

USA

Aus dem Schatten von Taylor Swift

Gracie Abramsʼ Stern scheint am Pophimmel gerade besonders hell. Das liegt nicht nur an ihrer besten Freundin

von Nicole Dreyfus  16.02.2025

Griechenland

Israelisches Paar in Athen angegriffen

Der Mann und die Frau sprachen auf der Straße Hebräisch – zwei arabischsprachige Männer attackierten sie mit einem Messer

 16.02.2025

Australien

Krankenpfleger drohen, israelische Patienten zu ermorden

Premierminister Anthony Albanese sagt, das Video sei »von Hass getrieben und widerlich.«

von Imanuel Marcus  14.02.2025

Polen

Ronald S. Lauder erhält Karski-Preis

Lauder wird für sein Engagement für die Erneuerung jüdischen Lebens in Polen und das Schoa-Gedenken geehrt

 13.02.2025

Künstliche Intelligenz

So Fake, aber so gut

Ein AI-generiertes, an den Antisemiten Kanye West adressiertes Video geht gerade viral. Und es ist eine Wohltat!

von Sophie Albers Ben Chamo  12.02.2025