Einspruch

Das unbequeme A-Wort

Daniel Killy fordert nach der Geiselnahme in der Synagoge in Texas, Judenhass als Motiv konsequent zu benennen

von Daniel Killy  20.01.2022 15:09 Uhr

Daniel Killy Foto: Weser Kurier, Volker Crone

Daniel Killy fordert nach der Geiselnahme in der Synagoge in Texas, Judenhass als Motiv konsequent zu benennen

von Daniel Killy  20.01.2022 15:09 Uhr

Ein Mann stürmt am Schabbat bewaffnet in eine Synagoge, nimmt vier Geiseln, behauptet, eine Bombe bei sich zu haben, und fordert die Freilassung der berüchtigtsten Al-Qaida-Terroristin. Der Mann hat eine Reise von rund 7400 Kilometern auf sich genommen, in New York im Obdachlosenasyl übernachtet, sich in Dallas eine Waffe besorgt – alles, um die Tat umzusetzen.

Der Fall scheint, auch nach dem glücklichen Ausgang für die Geiseln, glasklar: wieder einmal ein terroristischer Angriff auf eine Synagoge in den USA. Wieder der Versuch, mit tödlichem Judenhass ein politisches Ziel durchzusetzen, nämlich die Befreiung einer »Schwester«, also einer Gleichgesinnten. Und wieder einmal ein halbwegs glimpfliches Ende einer antisemitischen Attacke, weil sich die Gemeindemitglieder durch Schulungen für alle Eventualitäten gerüstet hatten – und weil die Polizei den Täter neutralisierte.

reaktionen Schaut man sich die meisten medialen Reaktionen in Deutschland an, scheint der Fall nicht mehr so klar. Das Wort Antisemitismus im Kontext mit einem gezielten Angriff auf eine Synagoge ist für viele Kollegen anscheinend nur schwer zu artikulieren. So sprach die »Tagesschau« im Netz lapidar von einer »Gewalttat«. Die FAZ titelte unter »Gesellschaft, Kriminalität«: »Geiselnahme in Synagoge in Texas: Motiv weiter unklar«. Die »taz« wiederum setzte die neutrale Zeile: »Rätselraten um den Täter«.

Klar, niemand würde bei Antisemiten psychische oder moralische Unversehrtheit diagnostizieren. Mit Schuldunfähigkeit hingegen hat deren derangiertes Denken nichts zu tun.

Ausführlich wurden Bruder und Freunde des Täters zitiert, die ihm allesamt mentale Probleme attestierten. »Mentale Probleme« sind eine beliebte Formulierung, wenn es um Erklärungen islamistischer oder neonazistischer Attacken auf Juden geht. Der Begriff ist praktisch, insinuiert er doch Krankheit und verdrängt das unangenehme Wort Antisemitismus aus der Kausalkette.

Klar, niemand würde bei Antisemiten psychische oder moralische Unversehrtheit diagnostizieren. Mit Schuldunfähigkeit hingegen hat deren derangiertes Denken nichts zu tun. Zudem hat jeder Täter jemanden in seinem Umfeld, der Hass gesät hat. Das gilt es endlich konsequent zu benennen.

Der Autor ist Journalist in Hamburg.

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