Durch den Film Woman in Gold wurde sie berühmt: Maria Altmann, die Nichte von Adele Bloch-Bauer, jener Frau, die Gustav Klimt mit seinen Porträts unsterblich machte. Die Nazis stahlen das Bild, und Altmann forderte es zurück – mit Erfolg. Nachdem ihr der amerikanische Oberste Gerichtshof 2006 den Weg in die österreichische Justiz geebnet hatte, sprach das dort angerufene Schiedsgericht der damals 88-Jährigen fünf der sechs geraubten Bilder zu, unter ihnen das berühmte Porträt ihrer Tante. Die »Frau in Gold« fand schließlich ihren Platz in der New Yorker Neuen Galerie des Unternehmers und Kunstsammlers Ronald Lauder.
Verkauf Die Familie Altmann verkaufte alle Bilder für insgesamt 325 Millionen Dollar (damals etwa 255 Millionen Euro) – eine Entscheidung, die in der Kunstwelt nicht nur Zustimmung fand. Kritiker warfen den Altmanns Profitgier vor und bemerkten, die ursprüngliche Geschichte von Gerechtigkeit und Rückübereignung nach dem Holocaust sei am Ende »nichts anderes als ein weiteres Beispiel für den Wahnsinn auf dem Kunstmarkt«.
Richard Jones, Finanzberater bei Merrill Lynch in Los Angeles, sieht das anders. Jones war damals einer der Bewerber um die Position des Finanzberaters der Altmanns – und bekam, wie er sagt, »nach vielen Auswahlgesprächen« den Zuschlag. »Einer der Gründe war – neben der Reputation und Glaubwürdigkeit unserer Firma –, dass Maria wie ich die Oper liebte«, bekennt Jones.
Altmann machte der Los Angeles Opera großzügige Zuwendungen. Und einen beträchtlichen Teil ihres Geldes verwendete sie dazu, jungen Menschen, die Opernsänger werden wollten, sich aber das Studium nicht leisten konnten, mit Stipendien die Ausbildung zu ermöglichen. »Das lag ihr sehr am Herzen«, erinnert sich Jones. »Es passte zu ihrer Lebensgeschichte: Ihr Mann war Opernsänger, konnte aber seine Karriere nie verwirklichen. Maria wollte jungen Menschen die Unterstützung geben, die ihr Mann nie bekam.«
Altmann unterstützte auch Organisationen, die bedürftigen oder in Not geratenen Menschen bei der Durchsetzung ihrer Rechte helfen. »Es ging ihr nie um das Geld an sich, sondern um soziale Gerechtigkeit; darum, das Richtige zu tun«, betont Jones. »Besonders beeindruckte mich, dass sie sich trotz des erlangten Wohlstands nicht veränderte.« Sicherlich verbesserten sowohl Altmann als auch ihre Familie ihre Lebensumstände, sagt Jones, aber »Maria hatte nie ein Faible für teure Kleider oder einen aufwendigen Lebensstil. Als der Supreme Court das entscheidende Urteil fällte, war sie bereits Ende 80. Warum sollte sie da noch ihren Lebensstil ändern?«, fragt Jones. Sie habe weiterhin an ihren Werten festgehalten und diese Einstellung auch ihrer Familie vermittelt.
Holocaust-Museum Seit Altmanns Tod 2011 finanziert eine Stiftung in ihrem Namen vor allem Kunst und Kultur, aber auch gemeinnützige Projekte wie die Unterstützung von Holocaust-Überlebenden sowie bedürftigen Personen, und nicht zuletzt Aufklärungsprogramme über die Schoa, zum Beispiel im Los Angeles Holocaust Museum (LAMOTH). Randy Schoenberg, der Anwalt, der an Altmanns Seite um die geraubten Gemälde kämpfte, war zehn Jahre lang LAMOTH-Vorstandsvorsitzender und investierte einen Großteil seines Honorars aus dem »Adele«-Fall in einen Neubau für das Museum.
Anfang des Monats wurde Schoenberg bei einer Gala des Museums für seine Verdienste geehrt, zusammen mit Richard Jones und der Pädagogin Stacey Janks Jasper, die Schüler an Programme zur Aufklärung über den Holocaust heranführt. Unter den 850 Gästen waren auch Maria Altmanns Enkel Phil und David Siegel, Israels Generalkonsul in Los Angeles. Außerdem hat das Museum eine Sonderausstellung zum Thema »Woman in Gold« organisiert.
Leidenschaft Richard Jones berät die Familie Altmann bis heute. Er ist stolz darauf, für Maria Altmann gearbeitet zu haben, aber nicht wegen ihrer »Berühmtheit«. »Natürlich habe ich nicht jeden Tag Klienten, über die ein Film gedreht wird«, gibt Jones zu, »aber letzten Endes war meine Arbeit mit Maria wie jede andere.« Er habe ihr geholfen, ihre Leidenschaft für die Musik und ihr Engagement für soziale Zwecke fruchtbar zu machen. »Ich habe dazu beigetragen, dass sie das Richtige tun konnte. Das gibt mir ein befriedigendes Gefühl.«
Wenn Richard Jones von Maria Altmann erzählt, schwingen Respekt und Bewunderung mit. »Sie war wundervoll«, sagt er. »Helen Mirren hat in ihrer Darstellung Marias Wesenskern ziemlich gut getroffen – auch wenn sie ihr optisch überhaupt nicht entsprach. Maria war – anders als Mirren – eine groß gewachsene Frau. Schoenberg dagegen war eher klein – ganz anders als sein Film-Double Ryan Reynolds«, sagt Jones. Schmunzelnd fügt er hinzu: »Eine Sache, die im Film dargestellt wird, ist aber 100-prozentig wahr: Wenn jemand Maria besuchte, schleppte sie ihn zuerst in die Küche und bot ihm ein Stück Strudel an.«