Stand Joe Biden (77) vor dem Wochenende noch als der große Verlierer der letzten Wochen da, hat sich das Blatt nun gewendet. Bidens haushoher Sieg bei der Vorwahl der Demokraten im Bundesstaat South Carolina hat seine Chancen, am Ende der Herausforderer von Donald Trump zu werden, plötzlich in die Höhe schnellen lassen.
Quasi über Nacht lichtete sich das Kandidatenfeld. Gleich zwei Mitbewerber – der Shootingstar Peter Buttigieg (38) und die langjährige Senatorin Amy Klobuchar (59) – sind aus dem Rennen ausgestiegen – und das noch vor dem »Super Tuesday« am heutigen Dienstag. Es kam am Montag sogar noch besser für Biden: Beide wollen sich nun für ihn einsetzen.
RÜCKZUG »Wir brauchen eine Politik, in der es um Anstand geht. Das ist es, was Joe Biden sein ganzes Leben lang praktiziert hat«, erklärte Buttigieg am Montagabend bei einer gemeinsamen Wahlveranstaltung mit Biden in Dallas. Sein Rückzug diene dem wichtigeren Ziel, die Amerikaner zu einen und US-Präsident Donald Trump bei der Wahl im November zu besiegen.
Sowohl Buttigieg als auch Klobuchar gehören dem gemäßigten Lager der Demokraten an. Als ernst zu nehmender Kandidat tummelt sich dort nur noch der Milliardär Mike Bloomberg.
Der ärgste Rivale Joe Bidens um die demokratische Präsidentschaftskandidatur dürfte nach momentanem Stand Bernie Sanders sein.
Der ärgste Rivale Bidens um die demokratische Präsidentschaftskandidatur dürfte nach momentanem Stand Bernie Sanders (78) sein. Der linke Senator aus Vermont hatte die Vorwahlen in zwei von vier Bundesstaaten, in denen schon abgestimmt wurde, für sich entschieden. Sanders liegt momentan in landesweiten Umfragen unter demokratischen Anhängern noch knapp vor Biden.
KALIFORNIEN Das könnte sich aber am Super Tuesday ändern, denn am Dienstag werden in 14 der 50 Bundesstaaten Vorwahlen abgehalten, darunter auch im bevölkerungsreichen Kalifornien. Mehr als ein Zehntel der Delegiertenstimmen auf dem Parteitag der Demokraten Mitte Juli, welcher formell den Präsidentschaftskandidaten der Partei kürt, sind dort zu vergeben.
Die beiden verbleibenden Frauen im Rennen – die linke Senatorin Elizabeth Warren (70) und die Kongressabgeordnete Tulsi Gabbard (38) aus Hawaii – haben schon vor dem Super Tuesday nur noch Außenseiterchancen. Der demokratische Herausforderer von Donald Trump wird wohl ein Mann werden. Und er wird deutlich älter sein als der 73-jährige jetzige Amtsinhaber.
AIPAC Ein Novum in der US-Geschichte: Zwei der drei führenden demokratischen Kandidaten, Sanders und Bloomberg, sind jüdisch. Ihre Haltung zu Israel und zum Nahostkonflikt könnte dennoch kaum unterschiedlicher sein.
Vergangene Woche kam es zu einer scharfen Kontroverse zwischen Bernie Sanders und Michael Bloomberg.
Vergangene Woche kam es zu einer scharfen Kontroverse zwischen den beiden. Sanders hatte sich – wie in den Jahren zuvor – geweigert, an der Jahreskonferenz der AIPAC teilzunehmen, und der Organisation vorgeworfen, in Wahrheit eine »Plattform für Fanatismus« zu sein und sich »gegen die Grundrechte der Palästinenser« einzusetzen. AIPAC gilt als der wichtigste überparteiliche pro-israelische Lobbyverband in den USA.
Für Bloomberg war das eine Steilvorlage. Er war der einzige demokratische Bewerber, der persönlich bei der AIPAC-Konferenz in Washington erschien, und er hielt ein flammendes Plädoyer für Israel. Man müsse ja nicht mit allem einverstanden sein, was die israelische Regierung tue. Er sei das auch nicht, sagte der ehemalige New Yorker Bürgermeister, und unterschiedliche Ansichten seien ja auch etwas Gesundes in einer Demokratie.
Zweistaatenlösung Aber die Unterstützer Israels als Fanatiker abzutun, wie sein Mitbewerber das gemacht habe, sei auch »grundfalsch«. Damit diskreditiere Sanders die 20.000 Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit, Hautfarbe und Parteizugehörigkeit, die den jüdischen Staat unterstützten.
»Die Wahrheit ist: Die AIPAC feuert nicht den Hass an, die AIPAC bekämpft ihn«, so Bloomberg. Er sprach sich für eine Zweistaatenlösung und direkte Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern aus und distanzierte sich damit auch vom Friedensplan des amtierenden US-Präsidenten.