In Boyle Heights, östlich von Downtown Los Angeles gelegen, lebte früher die größte jüdische Gemeinde westlich der Rocky Mountains. Hier steht die Breed Street Schul, eine der ältesten Synagogen Kaliforniens. Lange war das Gebäude verfallen, nun soll daraus ein Museum und Kulturzentrum werden. Auch Canter’s Deli war einmal in Boyle Heights. Inzwischen liegt der Laden an der Fairfax Avenue, die der Volksmund »Kosher Canyon« nennt. Hier ist heute das Zentrum des jüdischen L.A.
Aus Boyle Heights stammte der Banker Sheldon Andelson, Fundraiser für Edward Kennedy und erster offen schwuler Präsident einer Universität; auch Lew Wasserman, einer der letzten großen Hollywood-Moguln, sowie Lou Adler, der Besitzer des Nachtclubs »Roxy« am Sunset Strip.
latinos Heute wirkt Boyle Heights wie ein Stadtteil von Mexiko City. Aber die Erinnerungen gibt es noch. Ihnen hat das Skirball Center eine Ausstellung gewidmet: »Jewish Homegrown History, Immigration, Identity and Intermarriage«. Darin geht es um die jüdische Geschichte von Los Angeles und der Westküste. Verglichen mit der Ostküste war die jüdische Community hier immer liberaler und integrierter. Während die Lower East Side in New York vor hundert Jahren wie Klein-Bialystok wirkte, war Boyle Heights nie exklusiv jüdisch. Hier lebten immer auch Latinos, aber auch Russen, Iren, Japaner und andere Immigranten.
Der wichtigste Teil der Ausstellung ist ein Filmprojekt, eine Sammlung privater Filme von Familienfeiern, Ausflügen und Hochzeiten. Sie alle strahlen einen laienhaften Charme aus. Der Besucher kann die Filme per Knopfdruck auf einen von drei großen Bildschirmen holen. Zu der Filmschau gehören zudem Interviews mit jüdischen Angelenos sowie historische Bilder in Schwarz-Weiß, etwa aus San Francisco um die Zeit kurz nach dem großen Erdbeben von 1906 oder ein Feature über Murrieta Hot Springs, ein Ferienresort südlich von Los Angeles, das auch Juden aufnahm. Das war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht selbstverständlich.
kurzfilme Außerdem sind in der Ausstellung sieben Kurzfilme zu sehen, darunter einer über die Mohalim der Stadt und einer über ein jüdisches Altersheim. Die Filmschau, die auch über eine Website verfügt, wurde vom Labyrinth Project organisiert, das an der University of Southern California angesiedelt ist. Die Macher verstehen es als »Work in Progress«, bei dem interessierte amerikanische Juden weitere Bilder oder Kurzfilme einspielen und ihre Familiengeschichte erzählen können.
An den Wochenenden werden mehrstündige Bustouren vom Skirball Center zu den Stätten jüdischer Geschichte angeboten. Dazu zählt natürlich Canter’s Deli, das heute ein sehr populäres Restaurant ist. Aber auch Synagogen wie der Sinai Tempel und Tifereth Israel werden besucht sowie jüdische Buchhandlungen und iranisch-jüdische Geschäfte, von denen heute noch viele in Beverly Hills angesiedelt sind.
Migration Die Filmschau ist Teil einer Ausstellung des Skirball Center über jüdische Migration in den vergangenen 2.000 Jahren, bei der es insbesondere um die Einwanderung nach Amerika geht. In den USA gab es schon kurz nach Christoph Kolumbus eine jüdische Gemeinde. Aber die eigentliche Masseneinwanderung begann erst um 1880, als Juden aus Osteuropa, die den Pogromen entgehen wollten, die Schiffe nach New York bestiegen.
Juden haben viel zur amerikanischen Kultur beigetragen, ganz besonders in Los Angeles, von Leonard Bernstein bis zu Harpo Marx, von Louis B. Mayer bis zu Aaron Sorkin, von Barbra Streisand bis zu Steven Spielberg. Die Ausstellung und die Filmschau im Skirball Center, die noch bis Anfang September läuft, will das deutlich machen.