Es ist alles anders bei dieser 55. Ausgabe des Super Bowls, der am Sonntagabend (Ortszeit) in Tampa (Florida) stattfindet. Erstmals hat ein Team es geschafft, einen Super Bowl im eigenen Stadion zu erreichen. Ebenfalls zum ersten Mal stehen sich in Gestalt von Tom Brady (Tampa Bay Buccaneers) und Patrick Mahomes (Kansas City Ciefs) zwei Topstars gegenüber, die 18 Lebensjahre trennen.
Brady (43), der erst vor dieser Saison von den New England Patriots an den Golf von Mexiko kam, ist alleiniger Rekordhalter als Spieler mit sechs Super-Bowl-Titeln. Mahomes (25) hat im Vorjahr gerade seinen ersten Championship-Ring geholt.
Topspiel König gegen Kronprinz: die Metapher passt also nicht nur auf die herausragende Rolle, die diese beiden Quarterbacks in der National Football League (NFL) spielen – sie eignet sich auch zur Beschreibung des Altersunterschiedes. Und eine weitere, wenn auch traurige Premiere besteht darin, dass dieses Topspiel, dessen Ausgang offen ist, der erste Corona-Super Bowl ist.
Keine Journalisten aus Übersee, kein Fanfest der Hunderttausenden, keine berühmt-berüchtigten Super-Bowl-Parties: die feierfreudige, großenteils hispanische Metropole am Golf darf das größte Einzelsportereignis des Planeten nur ganz leise veranstalten. Maskenpflicht im Stadion für die wenigen ausgelosten Zuschauer (22.000, davon 7.500 geimpfte Schwestern und Pfleger), Maskenpflicht allerorten.
Offensive Guard Was aber verlässlich so ist wie in jedem Jahr zuvor, das ist der Blick der jüdischen Medien in den USA auf den jüdischen Faktor im Super Bowl. In diesem Jahr ist da besonders Ali Marpet zu nennen. Der Offensive Guard der Buccaneers spielt auf einer der wichtigsten Positionen im American Football, die gleichzeitig eine der am wenigsten beachteten ist. Marpet hält buchstäblich seine Knochen für Superstar Tom Brady hin.
Der jüdische Junge aus Upstate New York, ist ein Alumnus von »Birthright Israel«.
Er ist als Bodyguard des Quarterback auf dem Spielfeld dafür da, Brady Raum und Zeit für seine Spielzüge zu ermöglichen und die gegnerische Abwehr in Schach zu halten. Der 27-jährige Riese (1,93 bei 139 Kilo) ist Kind einer jüdischen Familie aus der Kleinstadt Hastings-on-Hudson (New York).
Der jüdische Junge aus Upstate New York, ist ein Alumnus von Birthright Israel, hat also wie viele jüdische Amerikaner als junger Mann eine organisierte Reise nach Israel mitgemacht. Seine Eltern haben mit Football auf den ersten Blick weniger am Hut. Vater Bill ist Emmy-dekorierter Videokünstler, Mutter Joy Rose Rockmusikerin. Doch trotz des musischen Hintergrundes entschied sich Alexander, den alle nur Ali nennen für den Football.
Er ist einer der ganz wenigen Spieler, die es vom footballtechnisch unterklassigen Hobart College (Division III für die Experten) in die NFL schaffte. Zuletzt gelang das einem gewissen Fred King – im Jahr 1937. Seit 2015 ist Ali bei den Buccaneers und ist nun einer der wichtigsten Mitspieler für den größten Star des American Football. In der Division III werden keine Stipendien für Sportler vergeben. Es von dort zu den Profis zu schaffen, bedarf also eines ganz besonders starken Willens – Marpet hat es geschafft – und mit einem 54-Millionen-Dollar-Vertrag die nächsten Jahre erstmal ausgesorgt.
Position Für einen anderen jüdischen Spieler ist dieser Super Bowl eher ein Albtraum: Offensive Tackle Mitchell Schwartz fällt wegen einer langwierigen Rückenverletzung aus. Der 31-jährige Kalifornier ist ligaweit einer der besten auf seiner Position, wurde im Vorjahr zum besten Spieler der Play-offs gewählt – ein großer Verlust für Patrick Mahomes, der nun ohne den Schutz von Schwartz auskommen muss. Schwartz, der seine neunte NFL-Saison spielt, wurde aber auch jenseits des Footballs bekannt – als stolzer Jude.
2016 erschien das Buch Eat My Schwartz – Our Story of NFL Football, Food, Family, and Faith, das er mit seinem Bruder Geoff geschrieben hatte – sie waren die ersten jüdischen Brüder in der NFL seit dem Jahr 1921. Aber vielleicht ist es ja ein kleiner Trost für Mitchell, dass er bei dem Sieg der Kansas City Chiefs im vergangenen Jahr jubeln und feiern durfte – bei einem ganz normalen Super Bowl in Miami.