In Europa verbindet man das Lichterfest mit dunklen Tagen und Winterwetter. Zwar ist meteorologisch derzeit auch in Kuba Winter, aber es herrschen trotzdem sommerliche Temperaturen um die 30 Grad. Da sieht Chanukka natürlich ein bisschen anders aus. In der kleinen jüdischen Gemeinde in Kubas Hauptstadt Havanna laufen derzeit die Vorbereitungen für die diesjährigen Festlichkeiten.
Federführend sei dabei die Gemeindeschule, sagt Hella Eskenazi, Vizepräsidentin der Jüdischen Gemeinde Kubas. »In der Schule gibt es allerdings nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch Erwachsene. Das sind die Eltern und Großeltern der Kinder und Jugendlichen. Das erfüllt uns mit Stolz, weil wir die ganze Gemeinde in die jüdische Erziehung mit einbeziehen. Das ist es, was wir brauchen, um das Judentum hier zu fördern.«
Die Kinder bereiten Aufführungen für Chanukka vor, wie zum Beispiel historisierende Sketche, die an die Wiedereinweihung des Zweiten Tempels in Jerusalem erinnern, berichtet Eskenazi. Die Tanzgruppe probe mehrere Rikudim, Choreografien, die sie das erste Mal präsentieren werden. Auch die Geschenke und Süßigkeiten für die Kinder dürfen natürlich nicht fehlen.
Sufganiot und Latkes
»Es kommen Gruppen vor allem aus den Vereinigten Staaten, die Schokolade und andere Sachen mitbringen. Wir bereiten dann kleine Tüten mit Geschenken für die Kinder vor«, sagt die Vizepräsidentin. »Normalerweise bringen die Besucher uns auch die Zutaten für die Zubereitung der traditionellen Speisen mit: Sufganiot (Krapfen) und Latkes (Kartoffelpuffer). Und natürlich bekommen die Kinder auch Chanukkagelt, Münzen aus Schokolade. Die Kinder lieben das. Sie fiebern dem Lichterfest mit großer Begeisterung entgegen.«
Gefeiert wird in diesem Jahr am 10. Dezember in der Beth-Shalom-Synagoge in Havannas Stadtteil Vedado. Die größte der sechs Synagogen Kubas bietet etwa 300 Menschen Platz. Zu Chanukka kommen viele Menschen in die Synagoge, sagt Eskenazi. Es gebe dann auch ein Buffet und ein kleines Geschenk für jeden. »Das haben wir letztes Jahr gemacht, das war sehr schön«, erinnert sie sich.
Im vergangenen Jahr fiel Chanukka mit dem Finale der Fußball-WM in Katar zusammen. »Am Abend waren hier alle voller Euphorie, vor allem die Fans von Argentinien. Auch wenn wir es nicht wollten, haben wir viel über das Finale gesprochen. Die Gemeinde ist zusammengekommen und hat gemeinsam gefeiert.«
»Fidel hat damals eine Ansprache gehalten. Er kannte sogar die Chanukka-Tradition.«
Hella Eskenazi,Vizepräsidentin der Jüdischen Gemeinde Kuba
Zu Chanukka kommen auch immer wieder besondere Gäste in die Gemeinde. 1998 war »Máximo Líder« Fidel Castro zu Gast. Im Patronat, dem Hauptsitz der Jüdischen Gemeinde Kubas, das im selben Gebäude untergebracht ist wie die Beth-Shalom-Synagoge, hängt im Foyer ein Foto jener Chanukka-Feier. »Fidel hat damals eine Ansprache gehalten. Er kannte sogar die Chanukka-Tradition«, erzählt Eskenazi.
»Im Jahr 2010 kam dann Raúl Castro. Er setzte eine Kippa auf und zündete die erste Kerze an. Er sprach davon, dass auch die kubanischen Kinder die Geschichte des hebräischen Volkes kennenlernen müssten, da diese Geschichte Tausende von Jahren zurückreicht.«
Chanukka via WhatsApp
Die Gemeinde hat auch während der Pandemie Chanukka gefeiert – mit dem sprichwörtlichen kubanischen Improvisationstalent. »Zwar können wir wegen der US-Sanktionen kein Zoom benutzen, aber die Gemeindeschule hat einen großen WhatsApp-Chat für die ganze Schule eingerichtet. Jede Klasse hat ihre eigene Gruppe. Darin wurden die Aktivitäten vorbereitet, und an Chanukka haben wir WhatsApp benutzt, um die Aktivitäten zu präsentieren. Das Neue war, dass Juden in Kuba und jene, die nicht hier waren, verbunden waren und gemeinsam zuschauen konnten. Es war wirklich kreativ und hat viel Spaß gemacht.«
Während der Pandemie und aufgrund der schweren Wirtschafts- und Versorgungskrise danach haben mehr und mehr Familien Alija gemacht. »In den letzten Monaten und Jahren sind viele Menschen gegangen«, sagt Eskenazi. »Es gibt jetzt weniger als 1000 Juden in ganz Kuba«, schätzt sie. Vor wenigen Jahren waren es immerhin noch rund 1500. »Diejenigen von uns, die hier sind, arbeiten weiter und versuchen immer, an die Türen zu klopfen, damit kein Jude übrig bleibt, der nicht weiß, dass es eine Gemeinde gibt«, sagt sie mit einem Schulterzucken. Diese Arbeit höre nie auf.
»Das Gemeindeleben hier ist sehr schön, sehr aktiv. Wir feiern als eine Gemeinschaft, wie ein großes Haus«, sagt Eskenazi. Sie freut sich sehr auf Chanukka. »Es ist eine tolle Zeit. Es kommen viele Menschen zu Besuch. Die ganze Gemeinde kommt zusammen. Es wird wunderschön!«