Steins Zeit

Beten in Rivardale

Es ist jetzt ungefähr ein Jahr her, da wollten vier Möchtegernterroristen zwei Synagogen in Riverdale in die Luft sprengen. Die vier waren Knastbrüder, drei von ihnen waren im Gefängnis zum Islam konvertiert. Der Plan war, zwei Autos, die bis unters Dach mit Sprengstoff gefüllt waren, vor den Synagogen zu parken und sie dann hochgehen zu lassen. Zum Glück waren die Vier Stümper. Bei dem Sprengstoff, den sie kauften, handelte es sich um Attrappen, die das FBI ihnen untergejubelt hatte. Als sie die Autos vor den Synagogen parkten, wurden die wenig glorreichen Vier festgenommen, das war es schon.

Es ist eine idyllische Vorortsiedlung, sehr grün, viel Rasen, viele Bäume, viele Einfamilienhäuser. Geologisch betrachtet handelt es sich bei Riverdale um einen großen Felsbrocken, der hoch über dem Hudson hängt. Man spürt die Nähe des Wassers in der Luft. Am Freitagabend fielen mir viele Männer mit Kippot auf dem Hinterkopf auf. »Schabbat Schalom!«, sagte ich. »Gut Schabbes!«, grüßten sie zurück. Die Gemeinde Adath Israel of Riverdale ist laut Selbstbeschreibung eine »dynamische konservative vollkommen egalitäre Gemeinde«, sie liegt im Farbspektrum also irgendwo zwischen orange und dunkelrot (nicht »konservadox«, sondern eher in Richtung Reformjudentum geneigt).

chorgesang Ich kam an diesem Abend zu spät, der gemischte Chor sang schon die zweite Strophe von Lecha Dodi, die Orgel dröhnte. Mir fielen viele ältere Gesichter in den Bänken auf. Im vergangenen Jahr, als ich gleich nach dem vereitelten Anschlag hier war, hatten zwei schwarze Polizisten vor dem Eingang der Synagoge gestanden. Dieses Mal: keine Überprüfung, rein gar nichts. Sollte ich das jetzt beruhigend finden?

Die Mitglieder dieser Gemeinde müssen offenkundig nicht betteln. Die Synagoge ist groß, luftig, modern und schön. Im Vorraum stehen silberne Leuchter und Torakronen unter Vitrinen. Der Rabbi war nett und intelligent. Und mit keinem Sterbenswort erwähnte er, dass gerade eben ein irrer Pakistani versucht hatte, mit seinem Auto den halben Times Square in die Luft zu jagen.

475 West 250 Street, Bronx

Der Autor lebt seit zweieinhalb Jahren in New York.

Porträt

Klang des Lebens

Sie wurde gehörlos geboren und musste lernen, sich in der Welt der Hörenden zurechtzufinden. Darüber schrieb sie ein Buch, das zum Bestseller wurde. Eine Begegnung mit Fiona Bollag

von Nicole Dreyfus  15.03.2025

Brüssel

Früherer EJC-Chef Kantor von EU-Sanktionsliste gestrichen

Die Streichung des russisch-britischen Geschäftsmanns erfolgte offenbar auf Druck der ungarischen Regierung

 14.03.2025

Dänemark

Jüdin in Kopenhagen attackiert

Die Angreifer beschimpften sie als »zionistisches Stück Scheiße« und würgten ihr Opfer

 14.03.2025

Irak

Bericht: Israelisch-russische Geisel Elizabeth Tsurkov möglicherweise im Iran

Nachdem die USA im Fall der entführten Elizabeth Tsurkov den Druck auf den Irak erhöhen, heißt es, die Geisel wurde in den Iran verschleppt

 12.03.2025

Belgien

Fantasien über Mord an Juden fallen unter die Meinungsfreiheit

Entsetzen in der jüdischen Gemeinschaft: Ein Kolumnist wurde vom Vorwurf der Aufstachelung zur Gewalt gegen Juden freigesprochen

von Michael Thaidigsmann  12.03.2025

Österreich

Zwei Wochen lang »Shalom Oida«

Das Jüdische Filmfestival in Wien präsentiert die Realität jüdischen Lebens – von Antisemitismus bis Schidduch

von Stefan Schocher  11.03.2025

Frankreich

»Mach hier nicht auf Jude«

Eine Umfrage unter 2000 Jugendlichen zeigt, wie sich antisemitische Vorurteile auch an französischen Schulen ausbreiten

von Michael Thaidigsmann  10.03.2025

Porträt

Der Iberzetser

Dass Russen heute noch Einblick in die jiddische Literatur erhalten, ist vor allem Walerij Dymschiz zu verdanken. Ein Treffen mit dem Sprachmittler in seiner Stammkneipe in St. Petersburg

von Polina Kantor  09.03.2025

Großbritannien

Auf der Couch bei Ms. Freud

Sie ist die Urenkelin des prominentesten Psychologen der Welt. In ihrem Video-Podcast »Fashion Neurosis« stellt Bella Freud die Fragen

von Nicole Dreyfus  08.03.2025