Norwegen

Beschneidung in der Klinik

Rituelle Beschneidungen werden ab 2015 zu den Leistungen staatlicher Krankenhäuser gehören, jedoch nicht generell als Kassenleistung. Foto: Thinkstock

Seit Gesundheitsminister Bent Høie einen Gesetzentwurf zur religiösen Beschneidung von Jungen ankündigte, wird in Norwegen wieder über die Zirkumzision gestritten. Begonnen hatte alles im Jahr 2011 mit einem Vorschlag des Ministeriums, religiöse Beschneidungen zur Aufgabe des staatlichen Gesundheitswesens zu machen. Die damalige Regierungskoalition konnte sich jedoch nicht auf eine gemeinsame Linie einigen.

Als im Mai 2012 ein zwei Wochen alter Säugling wenige Tage nach seiner Beschneidung, die in einer Arztpraxis erfolgt war, starb, wurde aus der politischen Debatte eine öffentliche Diskussion mit antisemitischen und antimuslimischen Zwischentönen. Die konservative Senterparti verlangte umgehend ein generelles Verbot von religiösen Beschneidungen Minderjähriger.

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Oslo, Ervin Kohn, entgegnete darauf: Wenn Norwegen schon das erste Land sei, das ein solches Gesetz beschließe, dann könne man auch gleich Paragraf 2 der Verfassung von 1814 wieder einführen, der Juden (sowie Jesuiten und katholischen Mönchen) die Einwanderung verbietet.

Verbot Auch wenn Høies Gesetzentwurf kein generelles Beschneidungsverbot enthalten wird, kämpfen einige norwegische Verbände nach wie vor dafür, dass Minderjährige nicht beschnitten werden dürfen. So verlangte Ende Februar die Vorsitzende des Krankenschwesternverbands, Astrid Grydeland Ersvik, bei einer Anhörung im Gesundheitsministerium, dass Jungen im Alter von 15, 16 Jahren selbst entscheiden sollen, ob sie beschnitten werden wollen. »Ein generelles Verbot ist im Moment nicht realistisch«, gibt auch Ersvik zu.

In einem Gespräch mit der Zeitung »Aftenposten« erklärte Gesundheitsminister Høie am Montag die wichtigsten Punkte seines Gesetzentwurfs: Rituelle Beschneidungen werden ab 2015 zu den Leistungen staatlicher Krankenhäuser gehören, jedoch nicht generell als Kassenleistung. Über die Höhe des möglichen Eigenanteils sei noch keine abschließende Entscheidung gefallen, sagte Høie, »die Spanne, über die wir diskutieren, reicht derzeit von einem symbolischen Beitrag bis hin zu einer Summe, die einen Teil der Kosten deckt«.

Krankenkassen Rund 2000 Jungen werden jedes Jahr in Norwegen beschnitten. »Etwa fünf von ihnen sind Juden«, wie Ervin Kohn der Zeitung Aftenposten sagt. Die jüdischen Norweger hätten für eine Brit Mila bislang noch nie die Krankenkassen bemüht, »es kommt ein Mohel aus London, den wir selbst bezahlen«.

Da viele muslimische Einwanderer finanziell nicht besonders gut gestellt seien, halte Kohn es für wichtig, »dass der Eingriff in einem Krankenhaus nicht so viel kostet, damit die Eltern sich nicht stattdessen lieber für die Dienste einer dazu nicht autorisierten Person entscheiden«.

Die norwegische Ärztevereinigung ist vehement dagegen, den Eingriff zur öffentlichen Gesundheitsaufgabe zu erklären, da er keine medizinische Notwendigkeit darstelle und wertvolle Chirurgen-Arbeitszeit koste, die am Ende »für wichtigere Operationen« fehle.

USA

Loyal und radikal

Der künftige Präsident Donald Trump vergibt wichtige Ministerposten an Personen, die bislang nicht durch Kompetenz aufgefallen sind, sondern eher durch Kontroversen von sich reden machten

von Michael Thaidigsmann  21.11.2024

Nachruf

Der Vater des Budget-Tourismus ist tot

Arthur Frommer wurde 95 Jahre alt

von Imanuel Marcus  20.11.2024

New York/Malibu

»Mein Name ist Barbra«

Die Streisand-Autobiografie erscheint auf Deutsch

von Christina Horsten  20.11.2024

Schweiz

Konservative Christen gegen den ESC

Eine Minipartei erwirkt ein Referendum gegen das hohe Rahmenbudget für den Eurovision Song Contest. Dabei geht es auch um Israel

von Peter Bollag  19.11.2024

Italien

Schoa-Überlebende rügt Papst für Genozid-Kommentar

Edith Bruck ist 93 Jahre alt und mit Papst Franziskus befreundet. Jetzt hat sie ihn aber mit deutlichen Worten kritisiert

 19.11.2024

Medien

Ausweitung der Kampfzone

Die israelfeindlichen Täter haben die »NZZ« ganz bewusst zum Abschuss freigegeben. Ein Kommentar

von Nicole Dreyfus  19.11.2024

Tschechien

Oscar-reifer Held am Mikrofon

»Wellen« feiert den KZ-Überlebenden Milan Weiner, der 1968 die Sowjets in Schach hält

von Kilian Kirchgeßner  17.11.2024

USA

Impfgegner, Verschwörungstheoretiker, Gesundheitsminister

Donald Trump beruft mit Robert F. Kennedy einen Mann als Gesundheitsminister, der auch durch antisemitische Verschwörungstheorien von sich reden macht

von Michael Thaidigsmann  15.11.2024

Imanuels Interpreten (1)

Flora Purim: Das Unikum

Die in Rio de Janeiro geborene Sängerin liefert eine einzigartige Melange der Klänge

von Imanuel Marcus  15.11.2024