Unsicherheit und Verängstigung sind aus Sicht des Präsidenten des Internationalen Auschwitz-Komitees Marian Turski Ursachen für das Aufkommen rechtsextremistischer und populistischer Parteien wie der AfD. In der Geschichte habe es immer wieder Phasen gegeben, in denen die Gesellschaft erschüttert war, sagte der Holocaust-Überlebende vor Journalisten am Rande der Vollversammlung des Lutherischen Weltbunds (LWB) in Krakau. Auch die Corona-Pandemie könne solch eine Phase gewesen sein.
»Die Menschen sind verängstigt; sie wissen nicht, was zu tun ist, sie fühlen sich nicht sicher«, so Turski. Sie wollten aber Hoffnung für den nächsten Tag haben. Das biete Populisten wie der AfD in Deutschland, aber auch ähnlichen Parteien in Polen oder Skandinavien eine Chance. Allerdings habe die Geschichte auch gezeigt, dass solche Phasen überwunden werden könnten.
Der polnische Journalist und Historiker Turski war als 13-Jähriger mit seiner Familie ins Ghetto Litzmannstadt eingewiesen worden; von dort wurde er 1944 nach Auschwitz deportiert. Mit einem der sogenannten Todesmärsche gelangte er über Buchenwald nach Theresienstadt, wo er im Mai 1945 die Befreiung erlebte. Nach dem Krieg war er in der Presseabteilung der Polnischen Arbeiterpartei tätig.
1956 erlebte er den Marsch von Martin Luther King auf Washington, berichtete Turski vor den Delegierten. Er beklagte, dass es immer noch Rassismus, Antisemitismus und Ausländerfeindichkeit in der Welt gebe. »Ich habe nicht die Absicht, die Schuld der Deutschen geringzureden«, sagte Turski. Die Grundlage für die Verbrechen der Nationalsozialisten sei Antisemitismus gewesen, ein »Ergebnisprodukt des christlichen Europas«.
Er erinnerte aber daran, dass es auch andere Formen des Fremdenhasses gebe. »In Asien haben wir Hass gegen Hindus, in China gegen die Uiguren, in Myanmar gegen die Rohingya«, sagte Turski. »Überall sehen wir Hass und Hassrede, die die Grundlage für Demütigung und Gewalt ist.« Die Menschen müssten aufhören, solche Hassreden zu führen. »Wir müssen uns bemühen, andere Meinungen zu verstehen, andere Sitten und Gebräuche zu verstehen.« kna