Einen Tag nach der Austrittsankündigung der USA und Israels hat der UNESCO-Exekutivrat am Freitagabend in Paris die frühere französische Kulturministerin Audrey Azoulay für vier Jahre an die Spitze gewählt.
Azoulay, die jüdisch-marokkanische Wurzeln hat, wird die Bulgarin Irina Bokowa ablösen, die Ende des Jahres abtritt. Azoulay schlug in einer Stichwahl Hamad bin Abdulaziz Al-Kawari aus Katar. Das Ergebnis: 30 Stimmen für Azoulay, 28 Stimmen für ihren Rivalen. Die UNESCO-Generalkonferenz muss der Wahl Azoulays noch zustimmen, was als Formsache gilt.
ENA Azoulay ist Mutter zweier Kinder und hat die Verwaltungshochschule ENA absolviert. Nach ihrem Diplom wurde sie hohe Beamtin bei einer öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt. Von 2003 bis 2006 arbeitete sie bei einer staatlichen Bank, der Cour des Comptes. Ab 2006 war sie für das nationale Zentrum für Filmförderung CNC tätig, wo sie in leitende Funktionen aufstieg und ab 2011 stellvertretende Direktorin wurde. Der ehemalige französische Präsident François Hollande ernannte Audrey Azoulay zur seiner Beraterin für Kultur und Kommunikation.
Azoulays Vater, André Azoulay, ist ein Berater des marokkanischen Königshauses. In den 90er-Jahren beriet er Hassan II. bei Wirtschaftsreformen, auch bei seinem Nachfolger Mohammed VI. behält er einen gewissen Einfluss.
André Azoulay engagierte sich stark für die Aufwertung des jüdischen Kulturerbes in Marokko wie auch für das seiner Heimatstadt Essaouira. Seine Tochter Audrey wuchs in Frankreich auf. Ihre Mutter Katia Brami ist Schriftstellerin.
Erneuerung Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die Nominierung der Französin zur neuen Generaldirektorin der UNESCO begrüßt. Er wünsche ihr viel Kraft und Mut, die notwendigen Reformen der UN-Organisation für Erziehung, Bildung und Kultur angehen, erklärte Gabriel am Samstag in Berlin. Dass Erneuerungen dringend Not täten, daran bestehe kein Zweifel, sagte Gabriel.
Der Außenminister erklärte, die Bundesregierung habe sich mit Audrey Azoulay auf eine Reformagenda verständigt und ihr volle Unterstützung zugesichert. »Die Arbeit der UNESCO macht man besser, indem man mit klarem Kompass daran arbeitet, dass die Unesco ihre Aufgaben zum internationalen Kulturaustausch und Kulturgutschutz wirksam erfüllt«, hieß es in einer Stellungnahme des Auswärtigen Amts vom Samstag.
Streit Die USA und Israel wollen nach einem langen Streit mit arabischen Staaten die UNESCO verlassen. US-Präsident Donald Trump kündigte diesen Schritt für Ende 2018 an.
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu begrüßte die Entscheidung der USA über den Kurzmitteilungsdienst Twitter. Er schrieb: »Dies ist eine mutige und ethische Enscheidung, denn die UNESCO ist zu einem Theater des Absurden geworden.« Die UN-Organisation verbiege die Geschichte anstelle sie zu erhalten, twitterte Netanjahu. Kurze Zeit später schickte er noch einen Tweet hinterher, in dem er ankündigte, dem Beispiel der USA zu folgen.
Amerikaner und Israelis werfen der Organisation vor, antiisraelische Positionen der Araber zu übernehmen. epd/ja