Hinter jedem erfolgreichen Mann steckt eine starke Frau. Wie sie aussieht und was sie denkt, möchte die United Synagogue in einem besonderen Fall gern herausfinden. Die Organisation, in der sich 62 orthodoxe jüdische Gemeinden in Großbritannien zusammengeschlossen haben, sucht derzeit einen Nachfolger für Oberrabbiner Lord Jonathan Sacks.
Der heute 63-Jährige geht im Herbst 2013 in Rente. Sacks ist seit mehr als 20 Jahren im Amt und ein hoch angesehener Mann. Seine Fußstapfen sind riesig. Wer an dem prestigeträchtigen Job Interesse hat, muss große Hürden nehmen. Über eine wird dieser Tage gestritten: Die Auswahlkommission möchte nicht nur den Bewerber, sondern auch dessen Ehefrau unter die Lupe nehmen. Dies erregt die Gemüter und beschäftigt führende Juristen.
Diskriminierung Sollte ein Bewerber die Stelle deshalb nicht bekommen, weil seine Frau vor der Auswahlkommission nicht bestanden hat, könnte es problematisch werden, zitiert der in London erscheinende Jewish Chronicle den Arbeitsrechtler John Bowers. »Ich denke, da spielen auch Stereotype eine Rolle, dass Frauen ihren Ehemann unterstützen sollen.« Der Anwalt gibt zu bedenken, dass es sich um Diskriminierung handeln könnte, wenn ein Bewerber wegen der Person, mit der er verheiratet ist, abgelehnt wird.
Die United Synagogue betont, das Gespräch mit der Ehefrau habe keinen Einfluss darauf, ob der Bewerber die Stelle bekomme oder nicht. Man habe schließlich nicht das Amt eines »Oberrabbiners und einer Rebbetzin« ausgeschrieben, sondern stelle lediglich den Oberrabbiner ein. Das Treffen mit der Ehefrau solle vor allem dem Paar dienen. Denn: »Die Rolle eines Oberrabbiners wird nicht nur das Leben des erfolgreichen Kandidaten ändern, sondern auch das seiner Frau und der Familie«, sagt Stephen Pack, Präsident der United Synagogue.
Man freue sich, dass man in den Bewerbungsprozess für eine kleine Gruppe die Möglichkeit eingebaut habe, die Ehefrau des bevorzugten Kandidaten kennenzulernen. Das Treffen sei eine gute Gelegenheit für sie, »Fragen zu stellen über ihre mögliche Rolle als Gattin des Oberrabbiners«, betont Pack.
Lady Elaine Sacks, die Frau des amtierenden Oberrabbiners, ist gelernte Röntgenassistentin. Sie gab ihren Job auf, um Zeit für offizielle Verpflichtungen zu haben. Bis Ende 2012 möchte die United Synagogue einen geeigneten Nachfolger für Lord Sacks finden. Erstmals wird die Stelle des Oberrabbiners sowohl in Großbritannien als auch im Ausland öffentlich ausgeschrieben.