Hochrangige Vertreter der Islamischen Glaubensgemeinschaft Österreich (IGGÖ) und der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) haben am Dienstag erstmals gemeinsam das ehemalige NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau besucht. Auch Polens Oberrabbiner Michael Schudrich war bei dem Besuch anwesend. IKG-Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister und IGGÖ-Präsident Ümit Vural betonten dabei die Wichtigkeit eines gemeinsamen Handelns im Kampf gegen den Antisemitismus.
Für viele der 35 mehrheitlich muslimischen Teilnehmer war es das erste Mal, dass sie die Gedenkstätte Auschwitz besuchten. Umso wichtiger sei es, dass »Multiplikatoren«, Imame und Lehrer an der Reise teilnehmen, die das Gelernte weitergeben können, sagte Vural. Das Gedenken an die Schoa könne und dürfe kein Selbstzweck sein, betonte Hofmeister. Die Gedenkstätte in Auschwitz sei »ein Ort der Trauer für diejenigen, die hier Angehörige verloren haben. Für alle anderen ist das ehemalige Vernichtungslager ein Ort des Lernens”.
Neben Vural nahmen auch dessen Stellvertreter Adis Candic und Seyfi Recalar sowie die Vorsitzenden der größten islamischen Verbände Österreichs an der dreitägigen Studienfahrt teil. Neben Auschwitz wurde dabei auch die Stadt Krakau besucht.
SOLIDARITÄT »Wir müssen genau hinschauen, wenn Extremisten, egal welcher Religion, Kultur, Ethnie oder politischen Meinung, Hass säen«, erklärte Imam Ramazan Demir, der in der Vergangenheit bereits gemeinsam mit Hofmeister Israel besucht hatte. »Antisemitismus hat im Islam keinen Platz”, betonte er. Mit Verweis auf die rechtspopulistische FPÖ sagte er: »Die Schoa begann mit Worten, Vorurteilen und Angstmacherei. Auch heute beginnt Fremdenfeindlichkeit mit Sprache. In Österreich gibt es eine Partei, die ständig gegen Minderheiten hetzt und in den Umfragen sehr gut abschneidet.«
Die islamische Gemeinschaft in Österreich hat rund 800.000 Mitglieder. IGGÖ-Präsident Vural war 2019 der erste muslimische Verantwortliche in Europa, der die IHRA-Arbeitsdefinition zum Antisemitismus unterzeichnete.
Für Rabbiner Schlomo Hofmeister sind »die Solidarität und Einheit von religiösen Muslimen und Juden notwendig, um bestimmten politischen Vorstellungen entgegenzutreten«. Der Missbrauch der Religion zur Unterstützung bestimmter politischer Ziele, der zu Streit und Konflikten zwischen den Religionen führe, sei hingegen «inakzeptabel und eine Schändung des Namens Gottes – in jedem Kontext, in jeder Religion, in jedem Land”, so Hofmeister. »Nur wenn wir zusammenstehen, können wir vermeiden, zum Spielball der Politik zu werden.« mth