Herr Spiteri, Sie sind stellvertretender Chef der maltesischen Polizei. Wie stark waren Sie in die EU-Ratspräsidentschaft Maltas einbezogen, die diese Woche zu Ende geht?
Ziemlich stark. Ich war unter anderem verantwortlich für die zentrale Steuerung und Überwachung im Zusammenhang mit den zahlreichen Staatsgästen, die wir in den vergangenen sechs Monaten auf unserer Hauptinsel empfangen haben.
Wie anstrengend war dieses halbe Jahr?
Sehr anstrengend, denn viele Aufgaben in Zusammenhang mit der EU-Ratspräsidentschaft mussten ja neben den täglichen normalen Dingen erledigt werden.
Wie wurden Sie stellvertretender Polizeipräsident?
Ich habe Jura studiert und bin danach, 1992, zur Polizei gegangen. Dort wurde ich, nachdem ich die Polizeischule absolviert hatte, zum Inspektor ernannt. Die weiteren Stufen auf der Karriereleiter ergaben sich dann.
Sie sind Jude und halten sich an die Gesetze der Halacha. Das dürfte nicht ganz einfach sein.
Das ist richtig, zumal Malta mit seiner sehr kleinen Gemeinde nicht über eine allzu große jüdische Infrastruktur verfügt. Immerhin habe ich wenigstens keine Probleme mit dem Schabbat und den Feiertagen: Ich arbeite jeweils von Montag bis Freitag, und an den Feiertagen nehme ich Urlaub. Das ist kein Problem und war sogar in den vergangenen sechs intensiven Monaten möglich.
Hat Ihr Beruf Sie schon einmal nach Israel geführt?
Sogar zweimal! 2014 durfte ich den Polizeipräsidenten auf einer Reise zu einer Sicherheitsmesse begleiten. Und das zweite Mal war ich auf einer Polizei-Akademie in Bet Schemesch zu Gast. Aber privat bin ich oft im Land.
Wie würden Sie Maltas jüdische Gemeinde charakterisieren?
Wir sind sehr klein: Unsere Gemeinde besteht nur aus etwa 80 Personen. Wir haben keinen Gemeinderabbiner, keinen rituellen Schlachter und auch keinen Mohel. Wenn bei uns ein jüdischer Junge geboren wird, muss zur Beschneidung ein Mohel aus Italien oder England eingeflogen werden. Wir haben einen langjährigen Vorbeter, doch kämpfen wir am Schabbat oft um einen Minjan.
Und wie ist es an den Feiertagen?
Da ist es einfacher. Nicht selten helfen da jüdische Touristen aus Israel oder anderen Ländern aus. Inzwischen gibt es auch etliche Israelis, die in Malta arbeiten. Einige kommen am Schabbat zur Synagoge. Und seit vor einigen Jahren ein Chabad-Rabbiner nach Malta kam, gibt es endlich die Möglichkeit, koscheres Fleisch und Milchprodukte zu kaufen. Zudem hat der Rabbi ein koscheres Restaurant eröffnet.
Gibt es Antisemitismus auf Malta?
Nein, überhaupt nicht. Wir Juden leben hier seit Langem mit der lokalen Bevölkerung gut zusammen. Größere oder auch nur kleinere Probleme gab es nie.
Wie sehen Sie die Zukunft der jüdischen Gemeinschaft Maltas?
Ehrlich gesagt, bin ich da sehr pessimistisch. Wir sind als Gemeinschaft so unbedeutend. Unser Überleben liegt allein in der Hand der jungen Leute. Und da sehe ich leider nicht allzu viel Anzeichen dafür, dass vielfaches Engagement mehr jüdisches Leben bringt.
Werden Sie auf Malta bleiben, wenn sie pensioniert sind?
Malta ist ein wunderschöner Ort. Trotzdem werde ich wohl versuchen, Alija zu machen, also nach Israel auszuwandern.
Mit dem stellvertretenden Polizeipräsidenten von Malta sprach Peter Bollag.