USA

Amerikanische Juden kritisieren Israels Bildungsminister

Minister Rafi Peretz (Partei »Jüdisches Haus«) Foto: Flash 90

Gezielte Provokation oder Gedankenlosigkeit? Eine Verbalattacke auf das amerikanische Judentum durch Israels neuen Bildungsminister Rafi Peretz sorgt für Empörung in den Vereinigten Staaten. Die Anzahl der Mischehen unter US-Juden sei »wie ein zweiter Holocaust«, sagte der Minister.

Der 63-jährige orthodoxe ehemalige Chefrabbiner der israelischen Armee und Vorsitzende der rechtsgerichteten Partei »Jüdisches Haus«, Rafi Peretz, äußerte sich während einer Kabinettsitzung am 1. Juli, berichtete das Portal Axios unter Berufung auf drei Personen, die währenddessen im Raum gewesen seien.

Assimilation Laut Peretz sei die Assimilation von Juden auf der ganzen Welt und vor allem in den USA »wie ein zweiter Holocaust«. Das jüdische Volk habe aufgrund von Mischehen in den letzten 70 Jahren »sechs Millionen Menschen verloren«. Peretz’ Sprecher habe diese Zahl, so Axios, im Nachgang noch bestätigt.

An der Kabinettsitzung am 1. Juli nahm auch Dennis Ross, Vorstandsvorsitzender des Jewish People Policy Institute, teil. Er war eingeladen worden, um über Entwicklungen in jüdischen Gemeinden weltweit und speziell in den USA zu berichten.

Während seines Briefings sei das Thema der sogenannten Mischehe angesprochen worden. Axios berichtet weiter, dass sich Energieminister Yuval Steinitz (Likud) gegen Peretz’ Äußerungen verwahrt habe.

Auch Israels Energieminister Yuval Steinitz verwahrte sich gegen die Äußerungen seines Kollegen.

»Zunächst einmal sollten wir damit aufhören, Juden in Amerika zu diskreditieren und auf jene herabzusehen, die sich nicht nur religiös, sondern auch kulturell und historisch als Juden verstehen«, sagte Steinitz.

Trivialisierung Jonathan Greenblatt, CEO der Bürgerrechtsbewegung Anti-Defamation League (ADL), kritisierte Peretz’ Äußerungen scharf. Auf Twitter schrieb er: »Es ist ungeheuerlich, den Begriff ›Holocaust‹ zu verwenden, um Juden zu beschreiben, die sich dafür entscheiden, Nichtjuden zu heiraten. Das ist eine Trivialisierung der Schoa. Solch eine Aussage verprellt etliche Mitglieder unserer Gemeinschaft. Diese Art von bodenlosem Vergleich ist einzig dazu geeignet, die Situation anzuheizen und Menschen zu beleidigen.«

Auch die Ruderman Family Foundation, die in den vergangenen Jahren Reisen für israelische Politiker durch jüdische Gemeinden in den USA organisiert hatte, verurteilte Peretz’ Äußerungen. Die israelische Regierung habe »die moralische Verantwortung, die Beziehungen des Landes zu den Diasporajuden im Allgemeinen und zur amerikanisch-jüdischen Gemeinde im Besonderen aufrechtzuerhalten und zu verbessern. Es ist verantwortungs- und respektlos, über US-Juden zu reden, ohne mit ihnen zu sprechen«, sagte der Präsident der Stiftung, Jay Ruderman.

Er ergänzte: »Ich fordere alle Politiker in Israel und ganz speziell jene, die aktuell im Amt sind, auf, mehr Zeit und Anstrengungen darauf zu verwenden, mehr über die jüdische Gemeinschaft in den USA, über ihre Art zu leben und die Herausforderungen, denen sie begegnen, herauszufinden. Es ist dringend notwendig, dass beide Seiten miteinander kommunizieren. Allerdings erfordert dies Zeit und Vorbereitungen – nicht aber willkürliche Kommentare, die einem respektvollen Diskurs zuwiderlaufen.«

Auch der American Jewish Congress (AJC) verurteilte die Äußerungen des Ministers. Die Assimilation sei »eine Herausforderung für die jüdische Kontinuität und die Identifikation der Diaspora mit Israel und muss Teil der Debatte sein. Die Kommentare von Minister Peretz sind allerdings beleidigend und wenig hilfreich«, so der AJC.

liebe Am Dienstag ruderte der Minister dann zurück: In einem Brief an Isaac Herzog, den Vorsitzenden der Jewish Agency für Israel, schrieb Peretz, die Wortwahl »wie ein zweiter Holocaust« sei »wahrscheinlich nicht der richtige Ausdruck« gewesen. Er habe ihn benutzt, um »die Tiefe seiner Qual« wegen der Assimilation der jüdischen Diaspora an die nichtjüdische Mehrheit auszudrücken. Dieses Problem bringe ihn um seinen Schlaf.

Weiter schrieb der Bildungsminister: »Als jemand, der immer für Ahavat Israel (die Liebe für Israel) eingetreten ist, ist es für mich wichtig klarzustellen, dass ich das gesamte jüdische Volk respektiere und schätze, in Israel und in der Diaspora.«

Rom

Achtjähriger getreten, geschlagen und bedroht, weil er eine Kippa trug

Der Täter zückte einen abgebrochenen Flaschenhals, als die Mutter und eine Ladeninhaberin ihn aufhalten wollten

 04.02.2025

Angouleme

Charlie-Hebdo-Karikaturist für Comic über Nazi-Raubkunst geehrt

Nach der Terrorattacke auf sein Satire-Blatt vor zehn Jahren wurde Renald Luzier Comic-Buch-Autor

 03.02.2025

Berlin

Friedman: Totalitäre Regime verbreiten Fantasiegeschichten

Der Publizist sieht die westlichen Demokratien zunehmend unter Druck

 03.02.2025

Andorra

Kleiner, sicherer Hafen?

Die Toleranz hat Geschichte im Zwergstaat zwischen Frankreich und Spanien. Aber die jüdische Gemeinschaft darf keine erkennbare Synagoge haben

von Mark Feldon  02.02.2025

Italien

Kaffeeklatsch in Cinecittà

In den 50er- und 60er-Jahren kam Hollywood in die Ewige Stadt. Stars wie Marlon Brando, Audrey Hepburn und Charlie Chaplin zogen nach Rom. Ein neues Buch liefert den Tratsch dazu

von Sarah Thalia Pines  02.02.2025

Großbritannien

Lady Berger und Lord Katz

Zwei jüdische Labour-Abgeordnete wurden zu Mitgliedern des Oberhauses ernannt

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  29.01.2025

Australien

Sydney: Polizei vereitelt Sprengstoffanschlag auf Synagoge

In Sydney wurde ein mit Powergel beladener Wohnwagen sichergestellt - zu den Hintergründen wird noch ermittelt

 29.01.2025

Berlin

Wie ein Holocaust-Überlebender aus der Ukraine auf Deutschland blickt

Er überlebte den Holocaust - und muss nun erleben, wie seine Heimatstadt Odessa von Russland bombardiert wird. An diesem Mittwoch hat Roman Schwarzman die Chance, im Bundestag einen Appell an den Westen zu richten

von Bernhard Clasen  29.01.2025

Ukraine

Gegen die Gleichgültigkeit

Roman Markovich Shvartsman hat die Schoa und Stalin überlebt. Heute leidet er unter Russlands Krieg gegen die Ukraine. Am Mittwoch spricht er zum Holocaust-Gedenktag im Bundestag

von Stefan Schocher  29.01.2025