USA

»Als Juden nicht mehr sicher«

In Monsey im Bundesstaat New York kam es Ende Dezember zu einem Angriff auf eine private Channuka-Feier. Foto: dpa

Nur rund 20.000 Einwohner hat das unscheinbare Örtchen nördlich der Millionenmetropole New York, aber eine blutige Chanukka-Attacke hat Monsey auf die politische Landkarte katapultiert.

Als »schrecklich« bezeichnete US-Präsident Donald Trump den Messerangriff im Haus eines Rabbis in Monsey in der Nacht zum Sonntag mit fünf Verletzten. »Widerlich«, kommentierte sein Außenminister Mike Pompeo. Auch der Sonderbeauftragte der UN-Allianz der Zivilisationen, Miguel Moratinos, schaltete sich ein und verurteilte den Angriff scharf.

terrorismus New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo plädierte dafür, den Vorfall als »innerstaatlichen Terrorismus« zu werten, und der Bürgermeister der Millionenmetropole, Bill de Blasio, sprach sogar von einer »Antisemitismus-Krise in den USA«: »Was wir sehen, ist ein wachsender Antisemitismus in diesem Land, der zutiefst gefährlich ist.«

Der Täter von Monsey, ein 38 Jahre alter Mann, konnte festgenommen werden und muss sich nun wegen Hassverbrechen verantworten. Er habe im Internet nach Nazi-Schriften und Adressen von Synagogen gesucht, heißt es in einem am Montag (Ortszeit) bekannt gemachten Ermittlungsbericht. In der Wohnung sei ein Notizbuch mit antisemitischen Kommentaren gefunden worden.

Im Landkreis Rockland, in dem Monsey liegt, veranlassten Behörden am Montag, dass bewaffnete Sicherheitsdienste Synagogen bewachen.

Der Täter habe im Internet nach Nazi-Schriften und Adressen von Synagogen gesucht, heißt es in einem Ermittlungsbericht.

Der Mann ist bereits des fünffachen versuchten Mordes und des Einbruches angeklagt und hat auf nicht schuldig plädiert. Nach Angaben von Familienmitgliedern und seines Anwalts hat er immer wieder mit psychischen Krankheiten gekämpft, sich aber bislang nicht öffentlich antisemitisch gezeigt. Vier der Verletzten konnten bis zum Montag wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden, einer wurde mit einer Kopfverletzung weiter behandelt.

Der Angriff von Monsey hat wohl auch deshalb so viele entsetzte Reaktionen hervorgerufen, weil sich diese Art Attacken in den vergangenen Wochen im Großraum New York häuften: Während des Lichterfestes Chanukka hatte es mindestens fünf offensichtlich antisemitisch motivierte Angriffe in der Millionenmetropole gegeben. Im Nachbarbundesstaat New Jersey waren bei einem Angriff auf einen jüdischen Laden vor wenigen Wochen neben den beiden Attentätern drei Zivilisten und ein Polizist getötet worden.

Studie Nach einer Studie der Brandeis-Universität leben in den USA schätzungsweise 7,5 Millionen Juden – und stellen damit die größte jüdische Gemeinschaft der Welt, noch vor Israel. Im jüdischen Staat leben 6,7 Millionen Juden. Im Örtchen Monsey sind rund ein Drittel der Einwohner jüdischen Glaubens. Und in keiner Stadt der Welt leben mehr Juden als in New York, die Zahl wird auf weit über eine Million geschätzt.

Viele Israelis sehen die Metropole daher als »jüdische Stadt« und zweite Heimat – deshalb sind antisemitische Übergriffe im Großraum dieser Stadt besonders schmerzhaft. »Ich glaube, wir müssen uns der Realität bewusst werden«, sagte die Jüdin Shoshana Bernstein aus Monsey dem Magazin »The Atlantic«. »Als Juden in New York sind wir nicht sicher.«

Beim bislang schlimmsten Angriff in den USA hatte im Oktober 2018 ein Mann elf Gläubige in einer Synagoge in Pittsburgh erschossen.

Die Zahl der antisemitischen Übergriffe in den USA war nach Angaben der Anti-Defamation League, die sich in den USA gegen Diskriminierung von Juden einsetzt, eigentlich seit 2001 stetig gesunken – steige aber seit 2014 wieder an. Beim bislang schlimmsten Angriff hatte im Oktober 2018 ein Mann elf Gläubige in einer Synagoge in Pittsburgh erschossen. Auch weltweit gibt es derzeit eine Welle antisemitischer Übergriffe.

In einem Einwandererland wie den USA gibt es vielerorts immer wieder religiös-kulturelle Spannungen, gerade in einer Stadt wie New York, wo Menschen verschiedenster Herkunft so dicht beieinander leben. Dass sich diese Spannungen nun aber häufiger in Hass und brutalen Attacken entladen, dafür machen manche Menschen auch US-Präsident Trump mitverantwortlich.

hass »Eine Atmosphäre des Hasses hat sich in diesem Land in den letzten paar Jahren entwickelt«, sagt beispielsweise der demokratische New Yorker Bürgermeister De Blasio. »Viel davon kommt aus Washington und hat große Auswirkungen.«

In Israel wird die Entwicklung mit großer Sorge beobachtet. »Wir werden es dem Antisemitismus nicht erlauben, sein Haupt zu erheben, und wir werden alles tun, um die antisemitische Welle zu stoppen, die New York in den letzten Monaten überspült hat«, sagte der israelische Generalkonsul in New York, Dani Dayan, bei einem Besuch in Monsey. Der Vorfall werde trotz der geografischen Entfernung als innere Angelegenheit Israels betrachtet.

»Immer wieder sind wir Zeugen der schlimmen Auswirkungen des Antisemitismus, diesmal in Monsey in New York«, schrieb Israels Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman bei Twitter. Er sehe als Hauptlösung da nur die Auswanderung von Juden nach Israel.

Ägypten

Gefährliches Paradies

Der Sinai ist einer der wenigen Urlaubsorte im Ausland, den Israelis auf dem Landweg erreichen können. Gern auch zu Pessach. Aber zu welchem Preis?

von Matthis Kattnig  11.04.2025

Feiertag

Putzen, Plagen, Playmobil

Neben Mazza und Haggada bietet Pessach Raum für ganz neue, individuelle Rituale. Wir haben uns in sieben Familien in Europa und Israel umgehört

von Nicole Dreyfus  11.04.2025

Israel-Boykott

Johnny Rotten nennt Hamas »einen Haufen von ›Judenvernichtern‹ «

Eine irische Zeitung hat versucht, den Ur-Punk Johnny Rotten vorzuführen, der sich kraftvoll gegen einen Boykott Israels wehrt. Das ging gründlich schief

von Sophie Albers Ben Chamo  10.04.2025

USA

Eine Hochschule und ihr LGBTQ-Klub

Die einen feiern den »Meilenstein für queere Juden«, die Yeshiva University rudert zurück. Nicht nur die orthodoxe Gemeinschaft ist verwirrt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.04.2025

Vereinigte Arabische Emirate

EU kritisieren Todesstrafe für Mörder von Chabad-Rabbiner

Ein in den Vereinigten Arabischen Emiraten lebender Rabbiner wurde verschleppt und ermordet. Ein Gericht verurteilte drei Täter zum Tod. Der Auswärtige Dienst der EU äußert Bedauern

 10.04.2025

Argentinien

Amia-Anschlag in Buenos Aires soll vor Gericht kommen

Hinter dem Attentat auf das jüdische Gemeindezentrum sollen die Hisbollah und Irans Regierung stecken. Nach vielen Jahren will die Anklage nun zehn Verdächtigen in Abwesenheit den Prozess machen

 08.04.2025

"Marsch der Lebenden"

Koschere Speisen für Besucher der Gedenkstätte Auschwitz

Wer religiös ist und heute die Gedenkstätte in Auschwitz besucht, soll in Kürze leichter Speisevorschriften einhalten können

von Leticia Witte  08.04.2025

Großbritannien / Belgien

Gaza-Krieg: Britische Anwälte gehen gegen IDF-Soldaten vor

In London wurde gegen zehn IDF-Soldaten Anzeige wegen angeblicher Kriegsverbrechen erstattet. Ähnliche Fälle gibt es auch in anderen Ländern

von Michael Thaidigsmann  07.04.2025

Israel

Zwei britische Abgeordnete bei Einreise abgewiesen

Der britische Außenminister David Lammy spricht von einem inakzeptablen Vorgehen

 06.04.2025