Gewalttätige Proteste, Kampagnen von Organisationen wie »The Muslim Vote« sowie Drohungen gegen Abgeordnete haben den Gaza-Krieg ins Zentrum des britischen Wahlkampfes befördert. Konservative Politiker sahen die Unabhängigkeit des Parlaments bedroht. Die politische Stimmung ist so aggressiv wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Aber nicht nur im »Mutterland der Demokratie« geht die Angst um. Denn auch auf dem Kontinent haben sich Parteien formiert, die mit einer antizionistischen Agenda Wahlkampf betreiben – beispielsweise die Free Palestine Party (FPP), eine Allianz propalästinensischer und muslimischer Parteien in Europa, die mit Israelhass Wähler mobilisieren wollen.
Anlässlich der Europa-Wahl hatte die FPP im März in Brüssel ihr Programm vorgestellt. Die Hauptstadt der Europäischen Union selbst hat einen muslimischen Bevölkerungsanteil von rund 20 Prozent. Dort agiert auch das Team Fouad Ahidar (TFA), eine Partei, die bereits unmittelbar nach ihrer Gründung bei der Parlamentswahl in der Region Brüssel-Hauptstadt beachtliche 16,5 Prozent der flämischen Stimmen erhielt. Die laut dem liberalen Abgeordneten Guy Vanhengel »stark auf die Scharia fokussierte« TFA landete auf dem zweiten Platz und gewann drei Sitze.
In einem Interview sprach Ahidar vom 7. Oktober 2023 als »kleine Antwort eines Teiles der Hamas gegen die Aktionen Israels«, bezeichnete Juden generell als »Psychopathen«. Israel warf er einen »Genozid« vor: »Ich kann diesen Begriff verwenden, weil ich nach Auschwitz gefahren bin, um zu sehen, was Völkermord ist, was ein Massaker ist. Ich stelle heute fest, dass praktisch die gleichen Methoden angewandt werden.« Mehrere jüdische Organisationen reichten Klage ein.
Einfluss nicht unterschätzen
Neben TFA sind fünf weitere Parteien in der FPP organisiert: die Union des Démocrates Musulmans Français (UDMF), die niederländische NIDA, die Andalusi Party (PA) aus Spanien, Nuance aus Schweden und das Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit (BIG) aus Deutschland. Während die UDMF, Initiatorin dieses Bündnisses, sich als islamisches Gegenstück zu den konservativen, eher christdemokratischen Parteien positioniert, gibt sich NIDA progressiver: Forderungen nach einem Blasphemieverbot und dem Recht zum Tragen religiöser Symbole im Staatsdienst werden mit populären Ideen wie Diversität, Grundeinkommen oder Vermögenssteuer verknüpft.
Ein Bündnis mit linken und grünen Parteien in Rotterdam scheiterte, nachdem ein Mitglied in einem Tweet Israel mit dem Islamischen Staat gleichsetzte. Parteichef Nourdin El Ouali hat nachweislich Verbindungen zur Muslimbruderschaft, zur Hamas und zur Union türkischer Demokraten, dem europäischen Zweig der AKP.
Auch die BIG gilt als AKP-Ableger. Bilal Uwe Wilbert aus dem Parteivorstand trat bei Al-Quds-Tag-Demonstrationen als Haupt-
redner in Erscheinung. Der stellvertretende Bundesvorsitzende Ismet Misirlioglu ist im Moscheeverein Inssan und war bei Islamic Relief Deutschland aktiv. Beide Organisationen stehen der Muslimbruderschaft nahe. Ob konservativ oder links, das Programm dieser Gruppierungen liest sich wie ein Wunschkatalog des BDS: Handelsembargo, Stopp der Waffenlieferungen, Schließung des europäischen Luftraums und der Häfen, Ausschluss von Israelis bei internationalen Wettbewerben.
Auch wenn der Erfolg der FPP bei den EU-Wahlen recht bescheiden ausfiel, darf man den außerparlamentarischen Einfluss ihrer Akteure nicht unterschätzen. Sollte das Beispiel Großbritannien, wo Personen mit einer »propalästinensischen« Agenda bereits politische Ämter erobern konnten, auch auf dem Kontinent Schule machen, dürfte das Phänomen FPP nicht so schnell wieder verschwunden sein.