Holocaust

Ahnungslos in Österreich

Foto: Getty Images / istock

An Jom Haschoa, der dieses Jahr am Abend des 1. Mai begann, gedachte man nicht nur in Israel der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus und seiner Verbündeten, sondern überall in der Diaspora. Das Erinnern bietet zugleich einen guten Anlass, das aktuelle Wissen über das Menschheitsverbrechen in einzelnen Ländern einmal näher unter die Lupe zu nehmen.

Genau dieser Aufgabe widmet sich regelmäßig die Conference on Jewish Material Claims Against Germany. Diesmal hatte sie über 1000 Österreicher dazu befragt. Das Ergebnis offenbarte große Lücken bei der Kenntnis historischer Fakten rund um das Thema Schoa.

zahlen Die vielleicht überraschendste und erschreckendste Nachricht: 56 Prozent der Befragten wussten nicht, dass während des Zweiten Weltkriegs sechs Millionen Juden ermordet wurden. Bei um die Jahrtausendwende und in den Jahren danach Geborenen waren es sogar 58 Prozent.

Mehr als ein Drittel der Österreicher ist der Überzeugung, dass während der Schoa vielleicht zwei Millionen oder weniger Juden zu Tode kamen. Ungewöhnlich hoch ist auch die Zahl derer, die glauben, dass ein ähnliches Verbrechen wie der Holocaust in anderen europäischen Staaten noch einmal geschehen könnte, nämlich 58 Prozent.

Auch der Mythos, Österreich sei Hitlers erstes Opfer gewesen, hält sich hartnäckig.

Neonazis Interessant ist in diesem Kontext ebenfalls die Wahrnehmung extremistischer Bewegungen in Österreich sowie jenseits der Grenzen. 36 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, dass es im eigenen Land »viele« oder »sehr viele« Neonazis gebe.

Satte 50 Prozent von ihnen aber sagten, dass es um die Vereinigten Staaten eigentlich viel übler bestellt sei, weil dort »viele« oder »sehr viele« Neonazis ihr Unwesen treiben würden – angesichts der Präsenz von mitunter offen antisemitisch eingestellten und rechtsextremen Personen aus den Reihen der FPÖ bis hin in höchste Regierungsämter eine bemerkenswerte Projektionsleistung.

Auch der alte Mythos, dass Österreich irgendwie Hitlers erstes Opfer gewesen sei, hält sich hartnäckig und bleibt mehrheitsfähig. 68 Prozent erklärten, dass ihr Land Opfer und Täter des Holocaust gewesen sei. Gerade einmal 13 Prozent sagen, dass Österreich ausschließlich zum Kreis der Täter gehört.

Trends »Dies ist die dritte Befragung, die die Claims Conference im vergangenen Jahr durchgeführt hat, um Holocaust-Kenntnisse und -Wahrnehmung global zu messen«, sagte ihr Präsident Julius Berman. Einmal mehr müsse man alarmierende Trends feststellen.

Rüdiger Mahlo, Repräsentant der Claims Conference in Deutschland, forderte, Maßnahmen und Konzepte der Holocaust-Vermittlung müssten auf den Prüfstand gestellt werden. Gerade in Deutschland und Österreich sei die Erinnerung an den Holocaust nicht nur demokratiestärkend, sondern verhindere auch ein weiteres Anwachsen von Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit.

Angouleme

Charlie-Hebdo-Karikaturist für Comic über Nazi-Raubkunst geehrt

Nach der Terrorattacke auf sein Satire-Blatt vor zehn Jahren wurde Renald Luzier Comic-Buch-Autor

 03.02.2025

Berlin

Friedman: Totalitäre Regime verbreiten Fantasiegeschichten

Der Publizist sieht die westlichen Demokratien zunehmend unter Druck

 03.02.2025

Andorra

Kleiner, sicherer Hafen?

Die Toleranz hat Geschichte im Zwergstaat zwischen Frankreich und Spanien. Aber die jüdische Gemeinschaft darf keine erkennbare Synagoge haben

von Mark Feldon  02.02.2025

Italien

Kaffeeklatsch in Cinecittà

In den 50er- und 60er-Jahren kam Hollywood in die Ewige Stadt. Stars wie Marlon Brando, Audrey Hepburn und Charlie Chaplin zogen nach Rom. Ein neues Buch liefert den Tratsch dazu

von Sarah Thalia Pines  02.02.2025

Großbritannien

Lady Berger und Lord Katz

Zwei jüdische Labour-Abgeordnete wurden zu Mitgliedern des Oberhauses ernannt

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  29.01.2025

Australien

Sydney: Polizei vereitelt Sprengstoffanschlag auf Synagoge

In Sydney wurde ein mit Powergel beladener Wohnwagen sichergestellt - zu den Hintergründen wird noch ermittelt

 29.01.2025

Berlin

Wie ein Holocaust-Überlebender aus der Ukraine auf Deutschland blickt

Er überlebte den Holocaust - und muss nun erleben, wie seine Heimatstadt Odessa von Russland bombardiert wird. An diesem Mittwoch hat Roman Schwarzman die Chance, im Bundestag einen Appell an den Westen zu richten

von Bernhard Clasen  29.01.2025

Ukraine

Gegen die Gleichgültigkeit

Roman Markovich Shvartsman hat die Schoa und Stalin überlebt. Heute leidet er unter Russlands Krieg gegen die Ukraine. Am Mittwoch spricht er zum Holocaust-Gedenktag im Bundestag

von Stefan Schocher  29.01.2025

Großbritannien

Deutscher wird neuer Chefredakteur des »Jewish Chronicle«

Daniel Schwammenthal (57) soll die Führung der ältesten jüdischen Zeitung der Welt übernehmen

von Michael Thaidigsmann  29.01.2025