Großbritannien verschärft seine Gangart gegen russische Oligarchen. Am Donnerstag gab die Regierung in London bekannt, sieben weitere, im Land ansässige russische Unternehmer auf ihre Sanktionsliste zu setzen. Zu den Betroffenen zählen auch jüdische Oligarchen.
So werden unter anderem die in Großbritannien gehaltenen Vermögen von Roman Abramovich, dem bisherigen Besitzer des Fußball-Erstligisten FC Chelsea, und des Industriellen Oleg Deripaska eingefroren.
»ENGE BEZIEHUNG« Deripaska steht seit gut einer Woche auch auf der Sanktionsliste der Europäischen Union, Abramovich dagegen bislang nicht. Die britische Regierung belegte zudem Dmitri Lebedev, Igor Sechin, Andrei Kostin, Alexei Miller und Nikolai Tokarev mit Strafmaßnahmen.
Alle sieben Männer gehören nach Ansicht von Beobachtern zu den wichtigen Unterstützern des russischen Präsidenten. Abramovich habe »seit Jahrzehnten eine enge Beziehung« zu Putin gepflegt, begründete die Regierung in London ihren Schritt.
Premierminister Boris Johnson erklärte am Donnerstag: »Es kann keine sicheren Häfen geben für jene, die Putins brutalen Angriff auf die Ukraine ermöglicht haben.« Großbritannien stehe »unverbrüchlich« an der Seite des ukrainischen Volkes, so Johnson. »Wir werden entschlossen all jene verfolgen, die das Töten von Zivilisten, die Zerstörung von Krankenhäusern und die illegale Besetzung souveräner verbündeter Staaten ermöglichen.«
VERKAUF GEPLATZT Vergangene Woche hatte der Vereinseigentümer angekündigt, Chelsea stehe zum Verkauf. Daraus wird nun nichts mehr. Der heute 55-jährige Abramovich hatte den Verein 2003 erworben. Sein Marktwert wird mittlerweile auf mehr als drei Milliarden Pfund (rund 3,6 Milliarden Euro) taxiert. Er besitzt zudem im noblen Londoner Stadtteil Kensington eine Villa, die rund 180 Millionen Euro wert sein soll. Abramovichs Gesamtvermögen beträgt weit über zehn Milliarden Euro.
Jüngst distanzierte er sich vorsichtig von Putins Ukraine-Feldzug. In einer in den sozialen Netzwerken am letzten Wochenende veröffentlichten Erklärung verwendete er sogar die Bezeichnung »Krieg«. Damit dürfte Abramovich auch seine Verbindung zum Kreml beschädigt haben, denn: Seit einigen Tagen steht auf die Verwendung dieses Wortes im Zusammenhang mit der russischen Militäroperation in der Ukraine eine hohe Gefängnisstrafe.
Neben dem russischen Pass hat Abramovich auch einen israelischen und seit Neuestem sogar einen portugiesischen Pass. Er trat in der Vergangenheit als großzügiger Spender von Yad Vashem und anderen Gedenkstätten auf und förderte Projekte gegen Antisemitismus auch beim FC Chelsea. Für ihn sei der Fußballklub nie ein geschäftliches Projekt gewesen, sondern eine »Herzenssache«, sagte er vor ein paar Tagen. Auch seine Tochter Sofia (27) verurteilte auf Instagram Putins Angriffskrieg.
DISTANZIERUNG Geholfen hat Abramovich das am Ende wenig. Seine Anteile am FC Chelsea werden nun konfisziert. Johnsons Kulturministerin Nadine Dorries schrieb auf Twitter: »Die neuen Sanktionen werden eine direkte Auswirkung auf Chelsea und seine Fans haben. Wir arbeiten aber hart daran sicherzustellen, dass der Verein und der [Fußball] nicht über Gebühr Schaden tragen durch diese wichtigen Sanktionen.«
Der Londoner Klub werde auch weiterhin zu Meisterschaftsspielen antreten können. Das wolle man durch eine spezielle Lizenz ermöglichen, so Dorries. Die solle die Auszahlung von Gehältern an Chelsea-Mitarbeiter und den Verkauf von Tickets an Fans aufrechterhalten. Abramovich werde man aber um die Früchte seines Anteils am FC Chelsea bringen.