Wer vergangenen Sonntag die marmorverzierte Lobby des Clarion-Hotels in Stockholm betrat, den erwartete ein ungewohnter Anblick. Hunderte Jugendliche und ihre Familien, die meisten von ihnen mit Kippa und Davidstern-T-Shirts, strömten in den Konferenzsaal, aus dem zur Einstimmung bereits erste Klänge israelischer Grand-Prix-Evergreens wie Halleluja und Am Israel Chai erklangen.
Dass die Aschewolke des isländischen Vulkans sich rechtzeitig verzogen hatte, war ein Glücksfall für den 11. Jeurovision Song Contest. Denn die jugendlichen Teilnehmer aus insgesamt zehn europäischen Ländern fieberten der Veranstaltung, einer Koproduktion von Bnei Akiwa, der Zionistischen Weltorganisation und der Jewish Agency, seit Wochen entgegen.
Liedtexte Erinnerten Ablauf und Stimmung – mit dreiköpfigem Moderatorenteam, Showeinlagen des israelischen Kochav-Nolad-Stars Elchai Refuah und Videoeinblendungen – zunächst noch an den Eurovision Song Contest, so verriet ein Blick in den Saal schnell, dass es hier es auf den Inhalt ankam und nicht auf die Verpackung. Denn Liedtexte wie Am echad ba’lev echad (Ein Volk mit einem Herzen) appellierten in erster Linie an jüdische Gemeinschaft und Zusammengehörigkeitsgefühl, ebenso wie die norwegische Blues-Version von Hine ma tov umanaim und eine belgische Mambo Nr. 5-Adaption mit religiösem Inhalt.
Vor allem die jungen Bnei-Akiwa-Musiker aus Berlin brachten mit ihrem eingängigen Hit Olam und einer rasanten Bühnenshow in blau-weißen Davidstern-Outfits den Saal zum Mitwippen. Dass am Ende dennoch Schweden den jüdischen Gesangswettbewerb gewann – eine Art ABBA-Combo mit Kippot und ihrem Song When brothers dwell together – fügte sich nahtlos in das Motto der diesjährigen Jeurovision ein: »Skandinavische Juden, wir sind an eurer Seite«.
Die jüngsten antisemitischen Attacken und antiisraelischen Ausschreitungen in Schweden hatten die Bnei-Akiwa-Zentrale bewogen, den Jeurovision kurzerhand von Frankreich nach Schweden zu verlegen, eine Geste, die das lokale Publikum an diesem Tag zu schätzen wusste.