Entsetzen in Belgien: Wie der Bürgermeister von Charleroi, Paul Magnette, am Donnerstag mitteilte, wurden auf dem jüdischen Teil eines Friedhofs im Stadtteil Marcinelle 85 Gräber geschändet. Charleroi liegt im Süden des Landes.
Es bestünden kaum Zweifel, dass es sich um eine antisemitische Tat handele, sagte Magnette, der auch Vorsitzender der Sozialistischen Partei im französischsprachigen Landesteil ist. Zahlreiche auf Grabsteinen angebrachten Davidsterne seien gestohlen worden. Einige von ihnen wurden unweit des Friedhofs wiedergefunden.
Einem Bericht des öffentlich-rechtlichen Senders RTBF zufolge wurden auf dem Friedhof in Marcinelle auch Metallkreuze gestohlen. Die Vandalen hätten sie hinter der Friedhofsmauer zurückgelassen, offenbar, nachdem sie festgestellt hatten, dass es sich um Bronze und nicht um Kupfer handelte. Abgesehen von dem Diebstahl der Bronzen seien auf dem jüdischen Areal des Friedhofs keine weiteren Beschädigungen festgestellt worden, so die RTBF. Die Polizei prüfe deshalb auch, ob es sich möglicherweise um einen Metalldiebstahl gehandelt habe.
Die Grabschändungen wurden schon am Mittwoch entdeckt. Man sei dabei, die betroffenen Familien zu informieren, erklärte Bürgermeister Magnette weiter. »Ich möchte den Familien, die von diesen unsäglichen Taten betroffen sind, meine Solidarität und Unterstützung aussprechen. Antisemitismus ist ein Übel, das wir weiterhin mit aller Kraft bekämpfen müssen«.
Belgiens Außenministerin Hadja Lahbib nannte die Tat in einem Posting auf X »beschämend und schockierend«, und fügte hinzu: »Diejenigen, die bei uns die Saat des Nahostkonflikts säen, tragen eine große Verantwortung für den Anstieg von Antisemitismus, Rassismus und Hass. Die Zeit ist reif für Einheit und Dialog.« Andere Politiker äußerten sich ähnlich.
Die Tat sei ein »Angriff auf die Werte einer ganzen Gesellschaft«, so der Vorsitzende des Koordinationskomitees der jüdischen Organisationen Belgiens (CCOJB), Yves Oschinsky. »Die Schändung eines Grabes ist ein Angriff auf das Heiligste, was die jüdische Gemeinschaft hat, nämlich den Respekt vor den Toten. Den Davidstern abzureißen bedeutet, dass man den Juden ihre Identität nimmt, auch im Tod.«
Die Stimmung in Belgien seit dem Hamas-Terrorangriff am 7. Oktober sei zusehends von Israelfeindlichkeit geprägt, schrieb Oschinsky vor einigen Tagen in einem Gastbeitrag für die Zeitung »La Libre Belgique«. mth